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17.7.2004 taz Ausland 151 Zeilen, DOMINIC JOHNSON S. 10
Eve Bazaiba, Oppositionspolitikerin in der Demokratischen Republik Kongo, über die Instabilität im Land, den Friedensprozess und die Rolle der UNO
taz: Die Demokratische Republik Kongo befindet sich in einem Friedensprozess, der zu freien Wahlen 2005 führen soll. Aber in den letzten Monaten gab es Kämpfe, und die politische Unsicherheit nimmt zu. Glauben Sie noch an Wahlen 2005?
Eve Bazaiba: Wir sind zuversichtlich, dass die Wahlen stattfinden werden, denn das ist eine Verpflichtung des Kongo gegenüber der Weltgemeinschaft. Ein Übergangsprozess muss ja irgendwo hinführen. Wahlen sind der einzige Ausweg aus der jetzigen Situation. Ohne Wahlen gibt es nach Sommer 2005 ein Machtvakuum. Das ist sehr gefährlich.
Und wenn es nicht klappt?
Es klappt. Es gab großen Druck aus der Bevölkerung, eine unabhängige Wahlkommission einzusetzen. Zusammen mit dem Druck von der internationalen Gemeinschaft wurde das dann gemacht.
Also hängen Fortschritte vom Druck von außen ab?
Von der Kombination von nationalem und internationalem Druck. Das war immer der Motor für Fortschritte im Kongo. Während der Mobutu-Diktatur erzwangen wir auf diese Weise das Mehrparteiensystem, während des Krieges den innerkongolesischen Dialog.
Die internationale Gemeinschaft sagt aber nicht immer klar, was sie im Kongo will.
Das liegt daran, dass dafür vor allem Diplomaten zuständig sind. Im Ciat (Internationales Komitee zur Begleitung des Übergangsprozesses - ein Gremium der wichtigsten ausländischen Partnerländer des Kongo, das regelmäßig seine Meinung zur Lage im Land sagt, d. Red) sitzen die bei der Regierung akkreditierten Botschafter, und die haben oft nicht freie Hand. Es wäre besser, wenn darin Experten säßen. Oder die Monuc (UN-Mission im Kongo, d. Red): Sie hat eine militärische Komponente, mit der Möglichkeit zur Gewaltanwendung, und eine diplomatische. Also kann sie nicht kämpfen und gleichzeitig verhandeln. So zog sie Anfang Juni ihre Blauhelme aus Bukavu zurück, als die Stadt von den Kämpfern des rebellierenden Kommandanten Nkunda angegriffen wurde. Aber sie sagte nicht die Wahrheit über die Situation - sie behauptete, den Flughafen von Bukavu zu kontrollieren, als er schon gefallen war. Die Kongolesen verstanden nicht, wie ein Warlord eine Stadt erobern kann, in der UN-Blauhelme stationiert sind, und ging landesweit auf die Straße.
Gab es Konsequenzen?
Ja. Die Monuc erkannte die Unzulänglichkeit ihres Handelns an. Das größte Problem ist, dass das Programm zur Demobilisierung der Bürgerkriegsarmeen und zur Bildung einer geeinten nationalen Armee nicht vorankommt. Wir haben im Kongo 20 reguläre und irreguläre Armeen. Ihre Führungen sitzen jetzt in einem gemeinsamen Generalstab, aber die Soldaten sind noch getrennt. Sie sind alle irgendwo kaserniert, ohne Geld, viele sind krank. Die Hilfsorganisationen kümmern sich um Zivilisten und Flüchtlinge, aber nicht um Soldaten. Die leben also von Übergriffen auf die Bevölkerung. Sie errichten Straßensperren, vergewaltigen Frauen.
Was bedeutet das für den Friedensprozess?
Ich habe im Ostkongo Kämpfer aller Fraktionen getroffen, die sich während des Krieges bekämpften. Heute sagen sie einmütig: Wir haben unseren Führern zu einer großen Karriere verholfen, die sitzen nun in der Regierung, wohnen in schönen Häusern und fahren schicke Autos, aber wir haben nichts. Sie fühlen sich betrogen und beginnen, sich zusammenzuschließen. Das ist der Hauptgrund für die neue Instabilität im Osten des Landes. Vernachlässigte Soldaten können ein politisches Problem werden.
Die UNO sagt, dass die Regierung für die Demobilisierung der Bürgerkriegsarmeen und Gründung einer neuen Armee zuständig ist.
Aber für die Repatriierung der ausländischen Kämpfer, zum Beispiel der ruandischen Hutu-Milizionäre, ist die UNO zuständig. Erst danach stellt sich die Frage der Gründung einer neuen Armee. Solange ausländische Bewaffnete auf kongolesischem Gebiet unkontrolliert marodieren können, sehen Kongolesen nicht ein, warum sie das nicht auch tun sollten.
In diesem Monat steht die Verlängerung des Monuc-Mandats im Sicherheitsrat an. Braucht die UNO im Kongo ein stärkeres Mandat?
Das ist doch nur eine Formsache. Man muss die Fähigkeiten der Blauhelme stärken. Viele UN-Militärs kennen sich bei uns nicht aus, zum Beispiel die aus Bangladesch. Wir brauchen Soldaten, die die Region kennen, wie die aus Südafrika oder Senegal. Der Rest kann sich mit humanitärer Hilfe beschäftigen.
INTERVIEW: DOMINIC JOHNSON