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1.4.2006 taz Meinung und Diskussion 46 Zeilen, DOMINIC JOHNSON S. 11
Die Wahlen im Kongo sollten eigentlich ein historisches Ereignis werden, ein erster Schritt zur Überwindung von Rechtlosigkeit und Willkürherrschaft nach vier Jahrzehnten Diktatur, Staatszerfall und Krieg. Doch die Wahl droht bedeutungslos zu werden, weil Kongos Wahlkommission nun die Kandidatenlisten schließt, ohne dass die größte Oppositionspartei, die UDPS, sich beteiligt.
Die UDPS, deren historischer Chef Etienne Tshisekedi in den 90er-Jahren den gewaltfreien Widerstand gegen die Mobutu-Diktatur symbolisierte, ist die einzige Kraft von nationaler Bedeutung, die es mit dem Machtapparat des amtierenden Präsidenten Joseph Kabila aufnehmen könnte. Wenn sie nicht an der Wahl teilnimmt, kandidieren gegen Kabila nur Zählkandidaten und Regionalpolitiker. Schlimmer noch: Die Hochburgen der UDPS liegen im Herzen von Kongos Diamantenfördergebiet Kasai. Ein Wahlboykott hier, in der wichtigsten Devisenquelle des Landes, garantiert neue Rebellionen und Kriege. Und wenn die UDPS-Ablehnung der Wahlen in Kinshasa Schule macht, könnten Bundeswehrsoldaten sogar genötigt sein, zwecks "Absicherung der Wahlen" mit Gewalt gegen Demonstranten aus Kongos Demokratiebewegung vorzugehen - eine Absurdität.
Natürlich gibt es gute Gründe, die Argumente der Opposition abzulehnen: Sie hat es sich selbst zuzuschreiben, dass sie letztes Jahr ihre Anhänger aufrief, sich nicht als Wähler zu registrieren, und sich jetzt darüber beschwert, dass die eigenen Anhänger nicht als Wähler registriert sind. Aber das darf kein Grund für die Wahlkommission sein, hart zu bleiben. Zu einem glaubwürdigen Wahlprozess gehört, jeden Anfechtungsgrund von vornherein auszuschließen - zumal weitere UDPS-Argumente gegen die Wahlen Bestand haben: etwa die Unsicherheit in Teilen des Landes und die Willkür der staatlichen Sicherheitsapparate.
Die internationale Gemeinschaft, auch Deutschland, sollte sich schleunigst darum bemühen, zu einem politischen Kompromiss im Kongo beizutragen. Die Wahlen müssen sicher sein, bevor man Soldaten schickt.
DOMINIC JOHNSON