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1.7.2006 taz Ausland 98 Zeilen, DOMINIC JOHNSON S. 10
Opposition demonstriert, der Präsident fährt weg, andere Politiker fordern "Dialog". Derweil rückt die EU-Truppe ein
BERLIN taz • Tränengas gegen Demonstranten, relativ leere Straßen aus Angst vor Gewalt: Der gestrige Unabhängigkeitstag der Demokratischen Republik Kongo, erster Tag des offiziellen Wahlkampfs für die freien Wahlen am 30. Juli, wurde in der Hauptstadt Kinshasa nicht zum Freudentag. Demonstranten der größten Oppositionspartei UDPS (Union für Demokratie und Sozialen Fortschritt), die die Wahlen boykottiert, zogen gegen den Wahlkampf zu Felde.
Am Donnerstag hatte UDPS-Generalsekretär Rémy Massamba auf einer Kundgebung dazu aufgerufen, nicht nur die Wahlen zu boykottieren, sondern auch den Wahlkampf zu verhindern und Wahlplakate systematisch wieder abzureißen. Die Kundgebung wurde im Namen der neuen Oppositionsallianz FDC (Front zur Verteidigung des Kongo) organisiert, in der sich unter UDPS-Führung auch wichtige Teilnehmer der amtierenden Allparteienregierung des Kongo wiederfinden und die einen neuen "politischen Dialog" vor den Wahlen fordert.
Allmählich heizt sich somit das politische Klima in Kinshasa weiter auf, wo die EU-Eingreiftruppe Eufor gerade ihre Zelte aufschlägt. Wie der französische Oberst David Pincet am Donnerstag erklärte, wird die Truppe in Kinshasa mit 1.200 Soldaten fast doppelt so groß wie geplant. Weitere 1.200 stehen in Reserve in Gabun. 412 EU-Soldaten seien bereits da, sagte Pincet, darunter 200 Franzosen, 120 Polen, 40 Belgier und 40 Deutsche. Weitere 180 Franzosen wurden noch erwartet. Damit stellt Paris, wichtigster ausländischer Freund von Präsident Joseph Kabila, während des unruhigen Wahlkampfauftakts die EU-Militärpräsenz in Kinshasa fast allein.
Große festliche Wahlkampfkundgebungen gibt es derzeit nicht in der Hauptstadt, sondern ausgerechnet in den Kriegsgebieten des Ostkongo, wo derzeit Kabila auf Wahlkampftour ist. Zum ersten Mal als Staatschef hat er die einstige Rebellenhauptstadt Goma besucht. Wegen dieser Reise wurde auch nicht mehr mit Kabilas Anwesenheit zum gestrigen Auftakt der geplanten "Konzertation" in Kinshasa zwischen Kongos politischen Kräften gerechnet. Vizepräsident Azarias Ruberwa hatte am Donnerstag abend die Gespräche zwischen Kongos politischen Führern im Gebäude des Außenministerium für gestern früh angekündigt. Es soll vor allem um Frieden im Wahlkampf gehen. Die UDPS und andere Oppositionskräfte nehmen nicht teil. Sie fordern einen weitergehenden Dialog über eine neue politische Struktur für die Zeit der Wahlen.
Ruberwa machte seine Ankündigung nach der Rückkehr aus Gabun. Das beherbergt nicht nur die EU-Reservetruppe für Kinshasa, sondern tritt jetzt auch als Vermittler im Kongo auf. Gabuns Präsident Omar Bongo empfing am Dienstag und Mittwoch Oppositionspolitiker aus Kinshasa. Sie hoffen, dass Bongo als guter Freund von Frankreichs Präsident Jacques Chirac seinen Einfluss geltend macht.
DOMINIC JOHNSON