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29.6.2012 taz Meinung und Diskussion 54 Zeilen SIMONE SCHLINDWEIN S. 10
Antiruandische Hetze im Kongo ist die gefährliche Realität
Kommentar von Simone Schlindwein
Es ist kein Krieg der Worte mehr, der sich zwischen der Demokratischen Republik Kongo und Ruanda abspielt: Es ist ein Krieg mit scharfen Waffen. Der heftig umstrittene UN-Bericht beweist: Ruanda ist – mal wieder – in den Ostkongo einmarschiert.
Geplant wurde diese Operation von langer Hand, von Verteidigungsminister James Kaberebe und Stabschef Charles Kayongo, also von „ganz oben“. Kein Wunder, dass jetzt die ganze Welt mit dem Finger auf Ruanda zeigt. Doch so einfach ist es nicht.
Die derzeitige Krise im Ostkongo ist hausgemacht und bahnte sich seit Monaten an: Die rigorosen Wahlfälschungen im November 2011 haben gezeigt, dass sich mit Wahlen keine Veränderungen herbeiführen lassen. Dann dauerte es fast ein halbes Jahr, bis eine neue Regierung vereidigt und ein Staatshaushalt aufgesetzt wurden.
Der Zustand der Armee, die derzeit im Ostkongo zerbröselt, spiegelt den Zustand des ganzen Staates wider. Hinzu kommt die Mobilmachung durch antiruandische Hetze seitens der Opposition gegen Präsident Joseph Kabila: Er sei Ruander und von Ruanda installiert worden, den Kongo zu beherrschen. So ungefähr war der Tenor des Oppositionswahlkampfs. Die Folge: Bewaffnete Gruppen haben sich im Dschungel mobilisieren lassen, mit Macheten und Waffen gegen die ruandischen Minderheiten vorzugehen.
Wenn Ruandas Staatszeitung derzeit von „gefährdeten“ Menschen im Ostkongo redet, dann ist das nicht nur reine Propaganda, um eine Invasion zu rechtfertigen, sondern gefühlte Wirklichkeit.
Im ruandischen Kontext – berücksichtigt man das Trauma des Genozids 1994 – läuten in Kigali alle Alarmglocken. Das wissen die Eliten der ruandophonen Minderheiten im Ostkongo auszunutzen – allen voran Bosco Ntaganda, der mit einem geschickten Streich einer Überstellung nach Den Haag entkommen konnte.