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Zwischen dem 4. und dem 8. Dezember 2000 fand auf Initiative der Universität von Kinshasa (Unikin) und unter ihrer Federführung ein Symposium in Kinshasa statt, an dem über 200 kongolesische und afrikanische Hochschullehrer sowie Afrikanisten aus Europa und Kanada teilnahmen. Nicht gekommen waren aus den bekannten Gründen die eingeladenen Wissenschaftler aus Ruanda, Uganda und Burundi. Zur Debatte stand "die Krise in der Region der Großen Seen; aktuelle Lage und Perspektiven".
Aufgeteilt in drei Arbeitsgruppen (der allgemeine Kontext der Krise in der Unterregion; die aktuelle Lage, die Ursachen und Folgen der Krise; die Friedensperspektiven) sollte das Symposium von Kinshasa versuchen, einen adäquaten Referenzrahmen zur Verhinderung des großen Brandes, der droht, die gesamte Region in Schutt und Asche zu legen, zu entwickeln, aber auch Lösungsmöglichkeiten für die Kongo-Krise und Perspektiven eines dauerhaften Friedens zu erkunden.
Die Lektüre des aus 16 Punkten bestehenden Abschlußdokuments vermittelt den Eindruck, daß sich das Treffen in einen politischen Kreis verwandelt hat, der der Regierung in Kinshasa wohlgesinnt ist. So erweisen sich einige Punkte des o. g. Dokuments als konforme Wiedergabe der längst bekannten Standpunkte der Regierung in Kinshasa zur Lösung der in der Region herrschenden Krise. Zum Beispiel mag hier die Abhängigkeit der Einberufung des interkongolesischen Dialogs vom bedingungslosen Rückzug der Agressionstruppen aus der DRKongo genannt werden. Von dem Treffen aber hätte man erwartet, daß die fundamentale Fragestellung, nämlich "die Krise in der Region der Großen Seen, aktuelle Lage und Perspektiven", konkret beantwortet wird. Vergeblich.
Stellvertretend für viele, die in den Arbeitsgruppen sowie im Plenum ein Sperrfeuer an Kritik in Gang gesetzt hatten, hatte der Senegalese Abubakar Ndiaye, Mitglied des Präsidiums des Symposiums, seine Besorgnis über die am Ende des Symposiums publizierten Resolutionen zum Ausdruck gebracht und bedauert, daß das Abschlußdokument, anstatt eine unterregionale Dimension zu bekommen, sich darauf beschränkte, die Thesen der kongolesischen Regierung, deren agierende Präsenz über das Geschehen während des ganzen Treffens manifest war, zur Schau zu stellen. Man nennt dies "du-déjà-vu".
Zu kritisieren ist auch, daß das internationale Symposium von Kinshasa die Kündigung des Abkommens von Lusaka verlangt. Daß dies im Widerspruch zu den Positionen der kongolesischen Zivilgesellschaft, der inneren und exilierten demokratischen Opposition sowie der bewaffneten Opposition steht, für die das Friedensabkommen von Lusaka den einzigen gültigen Rahmen zur Lösung der Kongo-Krise darstellt, braucht nicht besonders erwähnt zu werden. Die am 14. Dez. 2000 vom Sicherheitsrat der UNO verabschiedete Resolution (Nr. 1332) zur Kongo-Krise spricht auch vom Abkommen von Lusaka als dem kürzesten und am wenigsten kostspieligen Weg zum Frieden. Dies ist auch die Meinung der OAU und der EU.
Zur Ehrenrettung des von der Universität von Kinshasa organisierten Symposiums müssen an dieser Stelle zwei Punkte der Resolutionen erwähnt werden, die bezugnehmend auf die unterregionale Dimension der Kongo-Krise der Regierung in Kinshasa empfehlen, eine Immigrations- und Bevölkerungspolitik zu elaborieren. Im gleichen Zusammenhang wird von der Regierung in Kinshasa die Unterbringung der ruandischen, ugandischen und burundischen Migranten, nachdem sie sich dem geltenden Gesetz zur Einbürgerung in der DRKongo gefügt haben, in anderen Provinzen des Landes verlangt.
In Anbetracht des Vorstehenden liegt man nicht fehl in der Annahme, daß das Symposium von Kinshasa zu dem Zweck organisiert wurde, den bis jetzt von der Regierung in Kinshasa dargelegten Thesen einen wissenschaftlichen Charakter zu verleihen. Dies erinnert mich an die Worte, die Galilei ("Leben des Galilei", B. Brecht) selbstkritisch zum Ausdruck bringt: "Einige Jahre lang war ich ebenso stark wie die Obrigkeit. Und ich überlieferte mein Wissen den Machthabern, es zu gebrauchen, es nicht zu gebrauchen, es zu mißbrauchen, wie es ihren Zwecken diente". B. Brecht bezeichnet diese Kategorie von Intellektuellen, denn es geht hier um sie, als "ein Geschlecht erfinderischer Zwerge, die für alles gemietet werden können".
Berlin, 23.12.2000