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Man wird nie müde zu sagen, daß die Improvisation, die mangelnde Vorbereitung und der Amateurismus - die zu unserem großen Entsetzen von der Regierung in Kinshasa zu Regierungsprinzipien erhoben wurden - in der Politik nichts einbringen. Dies ist zu betonen in Bezug auf das gescheiterte Treffen von Libreville (Gabun) zwischen Präsident Kabila und verschiedenen Oppositionsparteien. Das vom kongolesischen Staatschef vorgeschlagene Schema wich gründlich von dem des Abkommens von Lusaka ab.
Es liegt nahe anzunehmen, daß das kaschierte Ziel Kabilas bei der Initiierung des "Rendezvous" von Libreville war, den interkongolesischen Dialog zu entstellen und auf Umwegen aus dem Transitionsprozeß für eine neue politische Ordnung in der DRKongo Vorteil zu ziehen: unter den 201 Delegierten gab es nur 4 Mitglieder, die dem CPP-Regime und seinen Anhängseln nicht angehören.
Zur Erinnerung: Das Abkommen von Lusaka, das von vielen Beobachtern der kongolesischen politischen Szene als letzter Weg betrachtet wird, die DRKongo aus der vielgestaltigen Krise herauszuholen, ist klar bezüglich des interkongolesischen Dialogs in dem Maße, wie es die Form und den Inhalt der Einladung zu diesem Treffen zwischen den Kongolesen deutlich festlegt ("Facilitation", Autonomie der Teilnehmer, Restrukturierung der Streitkräfte und der Sicherheitskräfte, Liberalisierung der politischen Aktivität, Tagesordnung, neue politische Ordnung...).
Mokolo wa Mpombo (ehemaliger Minister und Berater Mobutus) nannte die Verletzung des zwischen Präs. Kabila und der exilierten Opposition festgelegten Verfahrens als Grund für das Nichterscheinen der letzteren in Libreville. Vereinbart war, daß Präs. Bongo (Gabun) die Teilnehmer an dem Vorgespräch zum interkongolesischen Dialog einlädt. Denselben Ton schlugen sowohl die inneren politischen (Parteien) und sozialen (Zivilgesellschaft) Kräfte als auch die bewaffnete Opposition an, die, sich auf das Abkommen von Lusaka beziehend, Präs. Kabila, als Teil des Kongo-Konflikts, das Recht auf die Einladung zum Treffen von Libreville absprachen.
Mit anderen Worten, das Treffen von Libreville, wie oben gesagt, wurde einseitig und eigenwillig durch die Regierung in Kinshasa einberufen mit dem evidenten Ziel, den interkongolesischen Dialog zugunsten Kabilas und seines CPP-Regimes zu unterwandern. Zur Bekräftigung dieser Annahme mag hier der Präsident der für den interkongolesischen Dialog zuständigen "ACL-PT-Kommission" zitiert werden, der in Libreville erklärte, daß alle Punkte, die sich auf die Machtteilung und die Funktion des Staatspräsidenten während der Übergangszeit beziehen, von der Tagesordnung des Treffens ausgeschlossen seien. Diese Beteuerung erinnert an die tabuisierten Themen der "totgeborenen" Nationaldebatte, die von der Regierung in Kinshasa im April 1999 initiiert worden war.
Einzig der von der OAU berufene "Facilitateur", Ket Masire, ist laut dem Abkommen von Lusaka und mittels des ihm zur Verfügung gestellten Mechanismus berechtigt, die verschiedenen Konfliktparteien (Regierung in Kinshasa, bewaffnete Opposition, unbewaffnete Opposition, Zivilgesellschaft) zum interkongolesischen Dialog einzuladen.
Die Improvisation, die mangelnde Vorbereitung und der Amateurismus haben die 201 Delegierten von Kinshasa bis Libreville begleitet, Delegierte, die ununterbrochen die Frage stellten, weshalb man sie hatte anreisen lassen, obwohl jeder wußte, daß die anderen kongolesischen Beteiligten an der Kongo-Krise nicht dabei sein werden. Einen anderen Mißstand stellten der Empfang und die Schikanen dar, denen sie durch die gabunischen Gastgeber ausgesetzt waren. Noch dazu waren sie durch die kongolesische hohe Instanz vernachlässigt worden. Der kongolesische Staatspräsident hatte es nicht für nötig gehalten, seine "Delegierten" in Libreville zu empfangen. Einige von ihnen sprechen sogar vom "Leidensweg", um ihren Aufenthalt in Libreville zu beschreiben.
Der große Verlierer des gescheiterten Treffens von Libreville ist, wie gewohnt, das kongolesische Volk, das sich nach einem Hoffnungsschimmer, hervorgerufen durch die Unterzeichnung des Abkommens von Lusaka im Juli/August 1999, der Evidenz beugen muß, daß seinen wichtigen Interessen und seinem Verlangen nach Demokratie, Freiheit, Frieden und Wohlstand seitens der kongolesischen Politiker nicht Rechnung getragen wird.
Nach dem Scheitern des Treffens von Libreville wurde Präs. Omar Bongo (Gabun) beauftragt, Kontakt mit allen Kontrahenten aufzunehmen mit dem Ziel, ein Vorgespräch zum interkongolesischen Dialog im Januar 2001 vorzubereiten. Wird es ihm gelingen, in Anbetracht des Fiaskos bezüglich des Konflikts im Kongo-Brazzaville, in dem seine Unparteilichkeit in Frage gestellt wird, die kongolesische (Kinshasa) Gleichung aufzulösen, die von einigen Analysten als "Quadratur des Kreises" bezeichnet wird! Wait and see...
Das Gelingen des interkongolesischen Dialogs setzt zum einen voraus
Zum anderen müssen die kongolesischen Politiker ihre parteipolitischen Querelen, die immer weniger Anklang bei der Bevölkerung finden, überwinden und sich gemeinsam und konkret der Suche nach Mitteln und Wegen widmen, die zur Lösung der schwerwiegenden Probleme des Landes führen. Nach dem Beispiel eines Hauses, dessen Substanz seit Jahren nicht erneuert wurde, stirbt die DRKongo langsam, aber sicher.
Alles zu wollen, ohne die Möglichkeit, es sich anzueignen, birgt das Risiko, nichts zu bekommen, sogar das zu verlieren, was man hat. Insbesondere wenn man dabei in Betracht zieht, daß es zwischen "Alles und Nichts" einen Platz für etwas gibt, das man trotz seiner Bescheidenheit und Zerbrechlichkeit leben und wachsen lassen muß. Aber zeichnet sich Politik nicht auch dadurch aus, Kompromisse zu schließen, die es ermöglichen, sich dem Ziel in kleinen stetigen Schritten zu nähern?
Vergessen wir nicht, daß das Fehlen politischer, ökonomischer und intellektueller Strukturen - d. h. die unaufbereitete Machtausübung - genau soviel Schaden und Gewalt verursacht hat wie die Ungnade der internationalen Umwelt.
Auf die Gefahr hin uns zu wiederholen: die Demokratisierung ist kein Zustand. Sie ist vielmehr ein Prozeß, der im weiteren Sinn konzipiert werden muß und an dessen Ende Institutionen geschaffen werden, mittels derer das Regieren durch Machtdelegation seinen Ausdruck findet. Es gibt keine Alternative zur Demokratie, das sich immer in Entwicklung befindliche Ziel dieses Prozesses, und es lohnt sich, für sie, und sei es auf der ideellen Ebene, wirklich zu kämpfen.
Berlin, 07.01.2001