archiv.kongo-kinshasa.de ist eine Informationssite über die Demokratische Republik Kongo: Neben Seiten über das Land im allgemeinen und ein paar Fotos gibt es auch aktuelle Nachrichten und eine umfangreiche Sammlung von Dokumenten aus unterschiedlichen Quellen.
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Es versteht sich von selbst, daß Gewalt - abgesehen davon, wie man im Verhältnis zu Machthabern in Kinshasa positioniert ist -, als Mittel zur Lösung politischer Probleme abzulehnen ist. Daher verurteilen wir energisch das verabscheuungswürdige Attentat, dem Präs. Kabila vor einigen Tagen zum Opfer fiel.
Wir sind immerhin der festen Überzeugung, daß die einzige Möglichkeit, der Gewalt ein Ende zu setzten, die dazu neigt, sich mehr und mehr in der Demokratischen Republik Kongo zu etablieren, bleibt, die wesentlichen Ursachen der vielgestaltigen Krise, in der sich das Land befindet, emotionsfrei zu analysieren und entsprechende Lösungsmaßnahmen zu ergreifen. Das heißt, die kongolesischen politischen und sozialen Kräfte müssen aus der Ermordung Kabilas Konsequenzen ziehen und Mittel und Wege suchen, die einen dauerhaften Frieden im Land garantieren. In diesem Sinne erweist sich der im Abkommen von Lusaka (1999) vorgesehene interkongolesische Dialog als der angebrachte Rahmen zu diesem Zweck.
Seit der Machtübernahme durch die inzwischen aufgelöste AFDL in der DRKongo wird das Land durch ein Präsidialdekret regiert, das zugleich als Verfassung der DRKongo dient (Dekret Nr. 003 vom 27. Mai 1997 bezüglich der Organisation und der Machtausübung in der DRKongo, modifiziert und ergänzt durch das Dekret Nr. 074 vom 25. Mai 1998).
Diese "Ausnahme-Verfassung" sieht keine Vorkehrung betreffend die Bedingungen zur Nachbesetzung der Stelle des Staatspräsidenten im Krankheits- oder Todesfalle vor. Daher ist zu fragen, von wem die sogenannte "Regierung der öffentlichen Rettung", deren Mitglieder vom Staatspräsidenten ernannt bzw. entlassen werden (Sektion 1, Art. 6 des o.g. Präsidialdekrets), die Legitimation erhalten hat, den neuen Staatspräsidenten zu ernennen. Handelt es sich hier um einen "Staatsstreich" oder um eine "Palastrevolution"?
Anhaltende Gerüchte kursieren, daß die Mutter des unter umstrittenen Umständen ernannten neuen Präsidenten nicht kongolesischer Abstammung sei. An dieser Stelle ist daran zu erinnern, daß das Dekret Nr. 81-002 vom 29. Juni 1998 zur kongolesischen Staatsbürgerschaft, modifiziert und ergänzt durch das Dekret Nr. 197, die Voraussetzungen bezüglich der Ausübung der Funktion des Staatspräsidenten festlegt: Vater und Mutter des Kandidaten müssen kongolesischer Abstammung und im Besitz der kongolesischen Staatsbürgerschaft sein. Falls sich die o.g. Gerüchte bestätigen, so liegt man nicht fehl in der Annahme, daß die Wahl der Person Joseph Kabilas als Nachfolger seines verstorbenen Vaters, Präs. Laurent Désiré Kabila - abgesehen davon, daß die DRKongo keine Monarchie ist-, verfassungswidrig ist.
Der von einem Kreis nicht vom Volk mandatierter "Offiziere" und "Politiker", zum Großteil aus der Provinz Kabilas stammend, die vor allem nur auf ihre Karriere bedacht sind, ernannte Staatspräsident soll der französischen Sprache, der offiziellen und Verwaltungssprache des Landes, nicht mächtig sein. In diesem Fall drängt sich u.a. die Frage auf, wie er ein in französischer Sprache redigiertes Dokument verabschieden kann, da er nicht in der Lage ist, dessen Inhalt zu verstehen...
Fragen über Fragen, Widersprüche und noch mal offene Fragen... Aber da wir nicht firm in Verfassungsrecht sind, hoffen wir, daß kongolesische Verfassungsrechtler in den nächsten Tagen Antworten auf die o.g. Fragen finden werden.
Mit dem Tod Kabilas ist die DRKongo ins Ungewisse gestürzt. Aber er stellt zugleich eine Chance für den Frieden dar - vorausgesetzt, daß die kongolesischen "möchte-gern-Politiker" ihren persönlichen Ehrgeiz nach Macht hintanstellen und Abschied von ihrer Verachtung des kongolesischen Volkes nehmen.
Indem wir die Aufmerksamkeit auf das lenken, was zur Zeit in der DRKongo stattfindet, versuchen wir zugleich, die konkreten Möglichkeiten zum Wandel zu hinterfragen und in großen Zügen das zu entwerfen, was unter gewissen Bedingungen eine reale Alternative sein könnte.
Wie wir in einer unserer Meinungsseiten geschrieben hatten: "Die einzige Stetigkeit der Geschichte ist der Wandel, und die Ereignisse in ihrer Turbulenz bestehen immer aus beweglichen Szenen". Diese Worte erweisen sich in bezug auf das Geschehen der letzten Tage in der DRKongo dringlicher und aktueller denn je.
Berlin, den 24.01.2001