archiv.kongo-kinshasa.de ist eine Informationssite über die Demokratische Republik Kongo: Neben Seiten über das Land im allgemeinen und ein paar Fotos gibt es auch aktuelle Nachrichten und eine umfangreiche Sammlung von Dokumenten aus unterschiedlichen Quellen.
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Seit dem Machtantritt Präsident J. Kabilas ist in den kongolesischen Medien immer wieder die Rede von der Erneuerung der politischen Klasse - was den Charakter eines "Konflikts zwischen den Generationen" hat. Im folgenden versuchen wir, unsere Meinung darüber zu äußern.
Zu jeder Epoche passt ein Temperament, eine Methode, ein Herangehen. Der Strom, mit dem das kongolesische Volk zur Zeit schwimmt, ist derjenige, der für die "Erneuerung der politischen Klasse" plädiert. Dies ist unserer Meinung nach das Gegenteil dessen, was die kongolesische Presse seit J. Kabilas Machtübernahme unaufhörlich schreibt. "Jetzt ist unsere Zeit gekommen...", soll man in Strassen Kinshasas hören. Dieses Schlagwort bringt die legitime Forderung der Jugend - deren wesentliche Funktion zu allen Zeiten darin besteht, den nächsten Schritt der Geschichte zu vertreten -, nach mehr Partizipation an der Gestaltung des Landes auf dem Weg des Friedens, der Demokratie und der Entwicklung zum Ausdruck. Die Situation aber kompliziert sich um so mehr, wenn diese verlangte Ausübung des jedem volljährigen Bürgers zuerkannten politischen Rechts zum Ziel hat, die alten Menschen davon auszuschließen. Dies kann zum Generationskonflikt führen und, in diesem Fall, den Keim aller Übel für die kongolesische Gesellschaft darstellen, deren Wiederaufbau den Einsatz aller erfordert.
Mit der "Erneuerung der politischen Klasse", ein wiederkehrendes Thema der politischen Rhetorik und Diskurse in der letzten Zeit in der DRKongo, meinen wir vor allem die "Substitution politischer Akteure ohne Gesellschaftsprojekt durch diejenigen, die Träger" eines Aktionsprogrammes sind, das sich vom jetzigen unterscheidet und den Menschen zum Inhalt hat. In diesem Zusammenhang spielt das biologische bzw. chronologische Alter keine Rolle, wie der Fall des ehemaligen südafrikanischen Staatspräsidenten, Nelson Mandela, der mit über 70 Jahren an die Macht kam, genügend belegt. Es geht hier um die Umsetzung eines politischen Programmes, das, sich auf eine Werthierarchie bezieht und sich auf konkrete Analysen der Situation stützen muß, mit der das Land konfrontiert ist.
Das Gelingen solch eines Projektes setzt die Erfüllung einiger Bedingungen voraus. Besser gesagt: Die große Innovation, die sich das kongolesische Volk von den Politikern erhofft, ist die Ablehnung der doktrinären Maßlosigkeiten, der technokratischen Verfahrensweisen und des "ex-cathedra" Diskurses. Die Kongolesen brauchen eine offene Sprache. Man muß ihnen die Wahrheit sagen über das, was ist, über das Machbare und über das, was man von ihnen erwartet.
Im Klartext: Die kongolesischen Politiker müssen sich auf das beziehen, was den gegenwärtigen Realitäten entspricht. Das heißt, über das politische Projekt hinaus, die Frage stellen nach neuen Werten, nach Modifikationen der Verhaltensweisen und nach Kohärenz zwischen den täglichen Praktiken und den Ideen, die man im geschlossenen Kreis äußert.
Der geneigte Leser dieses Papiers, das sich ohne Übertreibung zum Pragmatismus - zur Realpolitik, hätten wir gesagt -, bekennt, ist derjenige, der, es inadäquat findend, Fragen stellt, Antworten gibt und neue Perspektiven erkennt. Und dies, ohne sich der Gefahr des parteipolitischen Geschwätzes wie auch der der gegenseitigen Ausgrenzung auszusetzen. Denn der Ausschluß des anderen führt zu Bruch und totalem Zerfall der Gesellschaft.
Berlin, den 04.03.2001