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Vor dem Hintergrund der Teilung der DRKongo in 3 Machtzentren und der Polemiken über die Zweckmäßigkeit der Wiederaufnahme der Zusammenarbeit mit Belgien hat die Regierung in Kinshasa am Sonnabend, den 30.6.01, den 41. Jahrestag der Entlassung des Landes in die "Unabhängigkeit" gefeiert. Anwesend war u.a. eine Delegation der belgischen Regierung - vertreten durch den Premierminister Guy Verhofstadt, den Außenminister Louis Michel und dem Staatssekretär für Zusammenarbeit und Entwicklung Eddy Boutmans. Hinzu kamen zahlreiche belgische Geschäftsleute.
In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, daß der letzte Besuch eines belgischen Regierungschefs in der DRKongo im Jahre 1988 stattgefunden hatte.
Am Vorabend der Reise in die DRKongo hatte die belgische Regierung die Wiederankurbelung der bilateralen Zusammenarbeit mit Kinshasa, die seit 1990 infolge der brutalen Repressionen der Studentendemonstration auf dem Campus von Lubumbashi (Prov. Katanga) unterbrochen war, angekündigt.
Dies rief Empörung und Proteste seitens der nichtregierungstreuen politischen Parteien und Bewegungen hervor. Für die unbewaffnete Opposition kommen die neuen Positionen Brüssels und die Ankunft der belgischen Delegation in Kinshasa einer politischen Aufwertung und einer Unterstützung Präs. J. Kabilas gleich, der über keine Legitimität verfüge und dadurch gestärkt dem interkongolesischen Dialog den Rücken kehren könne. In diesem Sinne hatten die Führer der zivilen Opposition Anfang Juni in einem offenen Brief an den belgischen Premierminister, G. Verhofstadt, das Aufschieben der von seiner Regierung angestrebten Wiederaufnahme der Zusammenarbeit mit Kinshasa verlangt, da eine solche Wiederaufnahme verfrüht sei und die "Teilung des Landes" konkretisiere. Die gleiche Meinung vertrat auch die bewaffnete Opposition (RCD-Goma, MLC). Die Regierung in Kinshasa beschuldigte die Opposition (bewaffnete und unbewaffnete), auf dem Rücken des kongolesischen Volkes "ihre egoistischen und parteipolitischen Interessen befriedigen zu wollen".
Wie nicht anders zu erwarten, hat der belgische Premierminister während seines Aufenthalts in Kinshasa die Rückkehr der belgischen Zusammenarbeit - in dem neuen belgischen Diskurs ist die Rede von Partnerschaft - mit der ehemaligen Kolonie durch die Unterzeichnung von 4 Hilfsprojekten in Höhe von 800 Millionen FB (ca. 40 Millionen DM) konkretisiert. Aber wie er in Kisangani betonte, wo er vor den Vertretern der RCD-Goma und der Zivilgesellschaft sprach, sollen diese humanitären Maßnahmen dem gesamten kongolesischen Volk, ohne Berücksichtigung der jetzigen de facto Teilung des Landes, zugute kommen. Die Umsetzung dieser Hilfsprojekte wird unter der Führung des neuen, auf dem Modell der deutschen GTZ beruhenden, diese Woche in Kinshasa ins Leben gerufenen "Belgischen Zentrums für technische Zusammenarbeit" (CTB = Coopération Technique Belge) und durch die NOGs durchgeführt.
Um die Neutralitätsbestrebung der belgischen Regierung gegenüber den Konfliktparteien in der DRKongo zu bekräftigen, wurde der Führer der MLC, J.P. Bemba, der aufgrund der Vorbereitung des für den 16.7.01 in Gaborone (Botswana) vorgesehenen Vorgespräche zum interkongolesischen Dialog nicht nach Kisangani gehen konnte, vom belgischen Premierminister nach Belgien eingeladen. Nach neuesten Meldungen soll J.P. Bemba mit dem belgischen Außenminister Louis Michel am 6.7. in Paris zusammentreffen.
Die Freigabe des seit 1991 eingefrorenen öffentlichen Kredits (471 Millionen FB) und die Annullierung der öffentlichen Schulden Kongos gegenüber Belgien (51,85 Milliarden FB) sind dagegen vom erfolgreichen Abschluß des interkongolesischen Dialogs abhängig gemacht worden.
Der Berliner Tageszeitung, TAZ, vom 29.6.01 ist zu entnehmen, daß die belgische Nationalbank zur Zeit Verhandlungen "mit dem IWF über die Kofinanzierung eines Kredits" führt, der der DRKongo die Erfüllung der Bedingungen für eine Aufnahme in das internationale Schuldenprogramm (HIPC:Highly Indebted Poor Countries) ermöglichen soll.
Es ist ersichtlich, daß sich Belgien um die wirtschaftliche Stabilität der DRKongo bemüht. Aber in dem o.g. Brief der unbewaffneten Opposition an den belgischen Premierminister ist auch die Rede vom "bedauerlichen Geschäftsinn Belgiens". Damit ist die Beteiligung des Sohnes des belgischen Außenministers an einer kongolesischen Kobaltmine und eines seiner Schwager an der Diamantförderung gemeint.
Wir aber wissen, daß wirtschaftliche Hilfe ohne politische Reformen nutzlos ist und bleibt. Mit anderen Worten, die politische Stabilität und der wirtschaftliche Aufschwung bedingen sich. Solange die politische Lage in der DRKongo instabil bleibt, ist eine Gesundung der Wirtschaft nicht möglich. Da die DRKongo jetzt aber besonders auf eine politische Stabilität angewiesen ist, sind sowohl Belgien als auch die EU-Staaten sowie die USA aufgefordert, Druck auf die kongolesischen Kriegsparteien auszuüben mit dem Ziel der Einberufung des interkongolesischen Dialogs. Wir werden nicht müde zu sagen, daß der interkongolesische Dialog, an dem die unbewaffnete Opposition, die organisierte Zivilgesellschaft, die bewaffnete Opposition und das Regime in Kinshasa teilnehmen sollen, als der einzige gangbare Lösungsweg für die DRKongo zu einer neuen politischen Ordnung gilt.
Ist mit der Wiederaufnahme der Zusammenarbeit, sprich "neue Partnerschaft", zwischen Belgien und der DRKongo der erste Schritt gemacht worden? Wie die Angelsachsen sagen, meinen wir: wait and see.
Berlin, den 05.07.2001