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Vor zwei Jahren wurde nach zahlreichen erfolglosen Versuchen zur Beendigung des Krieges in der DRKongo das Abkommen von Lusaka (Sambia) abgeschlossen, dessen Unterzeichnung durch die am Krieg beteiligten Länder (DRKongo, Angola, Namibia, Simbabwe, Ruanda und Uganda) am 10. Juli 1999 und durch die bewaffnete Opposition, die RCD und die MLC, am 31. August 1999 erfolgte.
Das Abkommen von Lusaka sieht im allgemeinen vor
Spezifisch hat das Abkommen von Lusaka zum Inhalt die praktische Agenda bezüglich
Der letzte Punkt ist das Hauptthema des vorliegenden Papiers.
Bis zur Ermordung Präs. L.-D. Kabilas am 16.01.01 wurde das fragile Friedensabkommen, 1999 in Lusaka (Sambia) ausgehandelt, im repetierten Rhythmus von einer der Konfliktparteien gebrochen. So lehnte Präs. L.-D. Kabila den "Facilitateur" des interkongoleischen Dialogs, Ket Masire, mit der Begründung ab, daß er voreingenommen sei, und forderte im gleichen Atemzug die Revision des Friedensabkommens von Lusaka. Er stellte sich auch gegen die Stationierung der MONUC. Seitens der bewaffneten Opposition wurde das Abkommen von Lusaka mehrmals gebrochen, indem sie u.a. die Kampfhandlungen fortsetzte, die zur Eroberung bzw. Besetzung einiger durch die Regierung in Kinshasa kontrollierter Gebiete führten.
Diese Lage der Dinge veranlaßte uns zu der Frage nach den Gegnern der Wiederherstellung des Friedens in der DRKongo (siehe unser Kommentar "Warum der Frieden auf sich warten läßt", vom 29.10.2000). Unsere Antwort hieß damals: das Regime Kabilas, die bewaffnete Opposition und sowohl die "geladenen" als auch die "nicht geladenen" Alliierten der kongolesischen Kriegsparteien.
Für das Regime in Kinshasa und die bewaffnete Opposition bedeutete der Frieden, der in eine neue politische Ordnung münden soll, den Verlust der Macht. Für die "Alliierten" war der Frieden sinnverwandt mit dem Ende der illegalen Ausbeutung diverser Ressourcen der DRKongo und zugleich der Verlust der üppigen Dividenden, die ihnen der Krieg offerierte. Der im April dieses Jahres publizierte Bericht der vom UNO-Generalsekretär ernannten Kommission zur Ermittlung der illegalen Plünderung der Naturressourcen der DRKongo bestätigt stichhaltig, daß die Ursache des aktuellen Krieges vor allem wirtschaftlicher Natur ist.
Am 16. Januar 2001 wurde Präs. L.-D. Kabila, wie oben erwähnt, von einem seiner Leibgardisten ermordet. Wie in einer Erbmonarchie ging die präsidiale Gewalt auf den Sohn J. Kabila über, der am 26.1.2001 in seiner Ansprache beim Machtantritt Hoffnung keimen ließ.
So wurde beim Gipfeltreffen von Lusaka (15.-16.02.2001) der Friedensprozeß in der DRKongo wieder in Schwung gebracht. Konkret: die MLC (J.P. Bemba) unterzeichnete das "Unterabkommen" von Harare (Simbabwe) vom 6.12.2000, das wiederum Teil "der Rückzugsverpflichtung" von Lusaka II (8.4.2000) ist. Letztere sieht den Rückzug der kämpfenden Kräfte um 15 km von den Frontlinien vor. Ket Masire, dessen Ablösung vom ermordeten Präsidenten L.-D. Kabila immer wieder verlangt wurde, wurde in seiner Funktion als "Facilitateur" reaktiviert. Der MONUC wurde die Stationierung ihrer Truppen in den festgelegten Gebieten beiderseits der Front gestattet.
Damit wurde der Weg zum interkongolesischen Dialog frei gemacht. Wohlgemerkt: vom erfolgreichen Abschluß dieses Treffens hängt die Wiederaufnahme der "strukturellen" Kooperation zwischen der DRKongo einerseits und Belgien bzw. der EU- und anderen Industreiländern andererseits ab.
Nachdem sich die kongolesischen Unterzeichner des Abkommens von Lusaka unter der "Facilitation" von Ket Masire in Lusaka am 4. Mai 2001 über die "Grundprinzipien", die als Grundlage des interkongolesischen Dialogs dienen sollen, geeinigt hatten, wurde der Termin für die Vorgespräche zum interkongolesischen Dialog auf den 16.7.2001 in Gaborone (Botswana) festgelegt. Diese Vorgespräche wurden auf den 20. August 2001 verschoben, mit der Begründung, daß die Nominierung der Mitglieder der Vorbereitungskommission noch nicht abgeschlossen ist.
Diese Verschiebung wurde durch einen Großteil der kongolesischen politischen Akteure und Bürgerrechtler stark verurteilt, unter denen das technische Sekretariat des Beobachtungskomitees der kongolesischen Zivilgesellschaft, das sogar mit der Einberufung eines "eigenständigen interkongolesischen Dialogs" droht, falls der Termin am 20. August 2001 nicht eingehalten wird. (La Tempête des Tropiques vom 17.07.01). Der belgische Außenminister, Louis Michel, bedauert die Vertagung der Vorgespräche zum interkongolesischen Dialog - was im Kreis der kongolesischen Opposition mit einem staunenden Schmunzeln zur Kenntnis genommen wurde.
Die Verschiebung der Vorgespräche zum interkongolesischen Dialog wurde unserer Meinung nach in einem Kontext entschieden, in dem die Chancen für eine Friedenslösung in der DRKongo schwinden, mit der Folge des Scheiterns des Friedensprozesses im Land und in der afrikanischen Region der Großen Seen.
Zur Bekräftigung dieser Befürchtungen mag hier folgendes erwähnt werden: einerseits kommt aus Kisangani (Orientalprovinz) die Hiobs- bzw. beunruhigende Botschaft, der zufolge die RCD-Goma ihre zivile Präsenz in der Stadt massiv verstärkt und es gleichzeitig strikt ablehnt, ihre Truppen, gemäß den Resolutionen Nr. 1304 (2000) und Nr. 1355 (2001) des Sicherheitsrates der UNO, aus Kisangani zurückzuziehen. Andererseits meldet die im Rahmen des Abkommens von Lusaka gebildete und aus den am Kongokrieg beteiligten Ländern und Vertretern der UNO bestehende "Gemeinsame Militärkommission" zur Überwachung der Einhaltung des Waffenstillstandes die Besetzung von vier Orten in der Provinz Katanga durch die Regierungstruppen und ihre Alliierten. Hinzu kommt, daß der Rückzug der Truppen der FLC (J.P. Bemba) in der Provinz Equateur nur schleppend geschieht.
Angesichts dieser Vorgänge, die eine "schwere Verletzung" des Abkommens von Lusaka darstellen, liegt man nicht fehl in der Annahme, daß die von allen Seiten so sehr gewünschten und als Resultat des interkongolesischen Dialogs entstehende Demokratie und neue politische Ordnung in der DRKongo nicht so bald dem "Rendezvous der Geschichte", so nennt die kongolesische Presse den interkongolesischen Dialog, folgen werden.
Die Ansprache des französischen Botschafters in Kinshasa anläßlich des französischen Nationalfeiertags am 14.7.2001, in der er den Vorrang des Kampfes gegen die Aggressionstruppen unter der Führung von Präs. J. Kabila vor dem interkongolesischen Dialog betont, eines Kampfes, dem sich alle kongolesischen politischen Parteien anschließen sollen, bestätigt die in Kinshasa zirkulierenden Gerüchte darüber, daß Europa und die USA J. Kabilas als Präsident befürworten, obwohl er ohne die Legitimation des kongolesischen Volkes an der Macht ist.
Gewiss hat der französische Botschafter das Recht, seine Meinung über die Lage in der DRKongo zu äußern. Aber die Sache kompliziert sich, wenn er entgegen den diplomatischen "Usancen" versucht, seine Meinung und Wünsche ex cathedra als Normen darzustellen, denen die politischen Parteien, die nicht der Regierung angehören, Folge leisten müssen. Dies nennt man Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Gastlandes.
Trotz dieser unklaren Lage des Friedens in der DRKongo sind wir immer noch der Meinung, daß der interkongolesische Dialog der einzige Weg bleibt, der zu neuer politischer Ordnung und Demokratie in der DRKongo führt.
Berlin, den 23.07.2001