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Sehr geehrter Herr Dörflinger,
ich habe Ihren Brief an Herrn Oskar Bühler, in dem Sie die Position der Bayer-Tochtergesellschaft H.C. Starck im Zusammenhang mit den Coltan-Lieferungen aus der DRKongo wiedergeben, mit Interesse gelesen.
Die dort angebrachte Argumentation fordert mich zum Widerspruch heraus.
In einem in der Berliner Zeitung "TAZ" (vom 4.4.2001) publizierten Artikel wird ein Sprecher des Tantalpulverherstellers H.C. Starck zitiert, der Zentralafrika als Lieferanten von Tantal nennt. H.C. Starck, so einige im Kongo aktive Händler, wird an erster Stelle unter den deutschen Abnehmern von Tantal genannt, führt die TAZ weiter aus.
Angesprochen in Bezug auf die Beteiligung deutscher Firmen an der Plünderung der kongolesischen Ressourcen im Rahmen eines durch die Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin am 21.6.2001 organisierten Panels über die Demokratisierung in der DRKongo und unter Beteiligung u.a. einiger aus dem Kongo angereister politischer und zivilgesellschaftlicher Akteure vertrat Gräfin von Stachwitz, Leiterin der Afrika-Abteilung im AA, eine Auffassung, die der in Ihrem o.g. Schreiben zum Ausdruck gebrachten Meinung entgegensteht.
Sie schreiben, "daß der erwähnte Bericht der VN inzwischen wegen deutlicher Mängel von den VN selbst zurückgezogen wurde und die Berichterstatterin von ihrer Aufgabe entbunden wurde."
Wahr ist jedoch, daß James Cunningham, Geschäftsträger der USA bei den Vereinten Nationen und turnusmäßiger Vorsitzender des Sicherheitsrates der UNO im Rahmen eines Sondertreffens dieses Organs der Weltorganisation zu diesem Thema, am 3.5.2001, die Seriosität und die Exaktheit des Berichtes der UNO-Kommission zur Ermittlung der illegalen Ausbeutung der Naturressourcen der DRKongo hervorgehoben hatte. Wobei hinzuzufügen ist, daß der Sicherheitsrat der UNO bezugnehmend auf den genannten Bericht die Plünderung der kongolesischen Ressourcen mehrmals verurteilt hat.
In diesem Zusammenhang wurde der Generalsekretär der VN gebeten, das Mandat der Expertengruppe um 3 Monate zu verlängern, damit diese dem Sicherheitsrat ein Additiv zum Schlußbericht mit folgendem Inhalt unterbreitet:
Der Sicherheitsrat der VN versprach gleichzeitig, die sich in dem Bericht befindenden Empfehlungen unter Berücksichtigung des Additivs, der von der Expertengruppe vorgelegt wird, zu überprüfen und diesen Folge zu leisten.
Dem von Ihnen zur Sprache gebrachten "Entbinden von Frau Safiatou Ba-N'Daw von ihrer Aufgabe" als Vorsitzende der UNO-Kommission zur Ermittlung der Plünderung der Naturressourcen der DRKongo ist entgegenzusetzen, daß zwischen dem, was sie "deutliche Mängel" nennen, und der Übernahme neuer Verantwortung innerhalb des UNO-Systems (PNUD/UNO Programm für Entwicklung) durch Frau Ba-N'Daw kein kausaler Zusammenhang besteht. Uns ist bekannt - und Frau Ba-N'Daw hat darüber mehrmals in Interviews mit diversen Zeitungen berichtet -, daß sie während ihrer Tätigkeit als Leiterin des Experten-Panels immer wieder massiven Drohungen, sogar Todesdrohungen, ausgesetzt war. Uns ist auch ihre öffentliche Kritik gegenüber den internationalen Finanzinstitutionen und dem Einfluß einiger Mächte auf die VN bekannt - wohlgemerkt: die Sympathie dieser internationalen Finanzinstitutionen und Mächte für die federführenden Plünderer ist kein Geheimnis. Uns ist weiter bekannt, daß bis auf Frau Ba-N'Daw, die durch den ägyptischen Diplomaten, Mahmoud Kassem, ersetzt wurde, die aus vier weiteren Mitgliedern (USA, Kamerun, Schweiz, Senegal) bestehende Expertengruppe unverändert weiter tätig ist.
Da Sie in Ihrem Schreiben die Firma H.C. Strarck als größten Arbeitgeber Ihres Wahlkreises bezeichnen, liegt der Schluß nahe, daß Ihnen Ihre Wähler näher stehen als die Bevölkerung der DRKongo, die aufgrund der illegalen Ausbeutung aus dem immer wieder gepriesenen (potentiellen) Reichtum des Landes bisher keinen Vorteil hat ziehen können.
"Die Würde des Menschen", Herr Deputierter, "ist unantastbar". Mit "Würde des Menschen" meinen wir konkret hier das Recht der Kongolesen auf den Wohlstand und das Wohlbefinden, die ihnen aus der o.g. Gründen unerreichbar bleiben.
Für ein tiefergehendes Gespräch zu dieser Thematik stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Iseewanga Indongo-Imbanda
Herr Peter Phongphaew,
obwohl wir der Meinung sind, daß die Regierung in Kinshasa illegitim ist, bleibt sie im Sinne des Völkerrechts die legale Vertreterin der DRKongo.
Dies darf dahingehend gedeutet werden, daß der zwischen der, inzwischen durch Uganda kaltgestellten, RCD-ML und Dara-Forest, deren Aktien und Verwaltung und die der DGLI (Dara Great Lakes Industries) in den Händen von Ugandern und Thailändern sind, unterschriebene Vertrag über forstwirtschaftliche Ausbeutung in der Provinz Oriental rechtswidrig ist. Dies gilt auch für den Aufenthalt ihrer ausländischen Mitarbeiter auf dem Territorium der DRKongo.
In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, daß es die Regierung in Kinshasa im März 1998, d.h. vor dem dem kongolesischen Volk durch Ruanda, Uganda und Burundi aufgezwungenen Krieg, abgelehnt hatte, Dara-Forest eine forstwirtschaftliche Konzession zu erteilen.
Sie sprechen von "einer gut funktionierenden Infrastruktur", ohne dabei zu erwähnen, daß das dort durchgeführte Fällen von Bäumen ohne Achtung jeglicher akzeptierbarer minimaler Regeln der Ausbeutung, die eine nachhaltige Bewirtschaftung garantiert, geschieht. Hinzu kommt, daß die sogenannte Infrastruktur primär der Plünderung der Ressourcen der DRKongo, und nicht der Bevölkerung, dient. Bereits der Sklavenhalter hatte sich um das "Wohl" seiner Sklaven bemüht, um sie noch stärker ausbeuten zu können.
Wie dem UNO-Bericht zur illegalen Ausbeutung der Natur-Ressourcen der DRKongo zu entnehmen ist, sind die Aktivitäten von Dara-Forest vielschichtig. Sie beteiligt sich auch am illegalen Diamanten-, Gold-, Kasserit (SnO2)- und Coltan-Handel.
Für uns gibt es keinen Unterschied zwischen illegaler Ausbeutung durch Industrie- oder Nicht-Indutrieländer. Da wir vermuten, daß Sie Mitarbeiter der Dara-Europa GmbH, mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland, sind, können Sie aber wohl nicht anders argumentieren.
Mit freundlichen Grüßen
Iseewanga Indongo-Imbanda
P.S.: Für diejenigen unter den Lesern, die sich weitergehend mit der Thematik beschäftigen wollen, empfehlen wir den "Report of the Panel of Experts on the Illegal Exploitation of Natural Resources and Other Forms of Wealth of the Democratic Republic of the Congo", insbesondere die Absätze Nr. 47-53. Den Bericht finden Sie unter "Dokumente".
Berlin, den 29.07.2001