archiv.kongo-kinshasa.de ist eine Informationssite über die Demokratische Republik Kongo: Neben Seiten über das Land im allgemeinen und ein paar Fotos gibt es auch aktuelle Nachrichten und eine umfangreiche Sammlung von Dokumenten aus unterschiedlichen Quellen.
Das Land
Aktuelle Infos
Service
Sich auf den Bundesnachrichtendienst (BND) beziehend, hatte die Berliner Tageszeitung "Bild" Ende Juli 2001 einen seltsamen Bericht veröffentlicht, der Beachtung verdient. Es ging dabei um einen Diebstahl, dem Präs. J. Kabila während seines Arbeitsbesuchs im April dieses Jahres in seiner Hotel-Suite in Berlin zum Opfer fiel. Die in Kinshasa erschienene Presse berichtete auch darüber.
Dem kongolesischen Staatspräsidenten wurden 100.000 US-$ gestohlen: 100.000 $ sind mindestens das Äquivalent von 2500 Monatsgehältern (ca. 208 Jahre) eines Uni-Professors in der DRKongo. Sicherlich beinhaltete die "mobile Schatztruhe" des kongolesischen Präsidenten mehr Geld als das, was entwendet wurde.
Diese unglaubliche, aber unverfälschte, Information hatte mich an meine Lektüre-Notizen erinnert - genau an eine Stelle des von Ahmadou Kourouma verfaßten Romans "Die Nächte des großen Jägers" (Hammer Verlag, 2000), an der die Rede von einem Staatspräsidenten aus Zentralafrika ist, der die Gewohnheit hatte, die Staatskasse bei seinen Auslandsreisen mitzunehmen, um jeden Putschversuch im Keime zu ersticken.
Der glückliche Ausgang dieser unglaublichen Affäre, deren Folgen zu einer "diplomatischen Inzidenz" hätten führen können, verdankt man der Wachsamkeit des BND. Der deutsche Bundesnachrichtendienst hatte für alle Fälle Kameras in der Präsidentensuite installiert. In diesem Sinne wurde auch das Auswärtige Amt tätig: die in Berlin akkreditierten Botschaften und konsularischen Vertretungen bekamen eine Verbalnote über den genauen Verlauf des Zwischenfalls. Denn, es ging schließlich um die Gastlichkeit der Bundesrepublik Deutschland und um den Ruf dieses Luxushotels und des deutschen Hotelgewerbes.
Zu fragen ist allerdings auch, ob üblicherweise ausländische Staatsoberhäupter bei Staats- bzw. Arbeitsbesuchen einer Beobachtung durch den Nachrichtendienst ausgesetzt werden...
Unglaublich, aber doch wahr: der entlarvte Taschendieb war einer der vielen Berater, die der Präsidentendelegation angehörten. Nachdem er aus der luxuriösen Dienstwohnung hatte ausziehen müssen, hockt er zur Zeit in einer dunklen Zelle des gefürchteten Makala-Gefängnisses von Kinshasa.
Anfang August 2001 haben drei britische NGOs (OXFAM GB, Save the Children und Christian Aid) einen ausführlichen Bericht über die menschlichen und sozialen Folgen des Kongo-Krieges veröffentlicht. Bemerkenswert in diesem Papier ist zweifellos die ungefällige Beschreibung dessen, was eine in der Bundesrepublik erschienene Zeitung (Süddeutsche Zeitung vom 7.8.2001) "Totgeschwiegene Katastrophe" nennt, die sich zur Zeit in der DRKongo abspielt. Zum ersten Mal wird die nationale und internationale öffentliche Meinung mit einem menschlichen Desaster ohne gleichen direkt konfrontiert. Denn in der Vergangenheit war sie daran gewöhnt, Informationen über politisches Taktieren und militärische Kampfhandlungen zu lesen.
Vor einigen Tagen hat die kongolesische Presse berichtet über das "Geschenk" der kongolesischen Zentralbank an "40 ‚neue' und ‚alte' Direktoren": 40 Geländewagen vom Typ Toyota Prado - Kosten: mehrere hunderttausend Dollar. Überdies bekam jeder der neu ernannten Direktoren, zusätzlich zu ihren kolossalen Gehältern, eine einmalige Zahlung von 10.000 US-$ als "Installationsbeihilfe": 10.000 US-$ sind mindestens 250 Monatsgehälter (ca. 21 Jahre) eines Uni-Professors in der DRKongo.
Noch einmal hat die kongolesische Presse vor mehr als einer Woche die Suspendierung und die Entlassung von Führungskräften aller staatlichen und halbstaatlichen Betriebe bekanntgegeben. Ihnen werden Mißmanagement und Veruntreuung zum Nachteil der Unternehmen vorgeworfen, die sie für das Gemeinwohl verwalten sollten.
In Anbetracht des Vorhergehenden mögen sich einige die Frage nach der Gemeinsamkeit der vorstehenden Informationen stellen. Wir aber stellen diese Frage nicht. Es ist dennoch zu bemerken, daß wir - an die oben genannten Aspekte, stellvertretend für viele andere, des öffentlichen Lebens in der DRKongo erinnernd und von diesen Phänomenen, anscheinend ohne kausalen Zusammenhang, die aber einen gemeinsamen Ursprung haben, ausgehend -, versuchen, der kongolesischen öffentlichen Meinung ein gewisses Bewußtsein zu geben, das ihr den Zugang zu der zur Zeit in der DRKongo herrschenden globalen Krise (Gesellschaftskrise, moralische Krise und fehlendes Ideal) aus einer reflektierten Sicht ermöglicht. Wir versuchen auch zu unterstreichen, daß diejenigen, die die Aufgabe haben das Wohl des kongolesischen Volkes zu garantieren, das Gemeinwohl leicht mit ihrem Privat- bzw. Familienbesitz verwechseln, mit der Folge, daß der sozio-ökonomische Wiederaufbau, den man überall ausposaunt, zu kurz kommt. Das von uns gewählte Herannahen nennen die Historiker "histoire-problèmes" - frei übersetzt "die Problematisierung der Geschichte". Wir sind der Meinung, daß diese historische Betrachtungsweise, die wir an unsere Herangehensweise angepaßt haben, hilft, eine besondere Sensibilität in Bezug auf Probleme, die sich in unserer Gesellschaft stellen, zu erzeugen.
Das, was zusätzlich und in mehr als einer Hinsicht in Erstaunen setzt, ist die Tatsache, daß die Mißwirtschaft und die Veruntreuung der öffentlichen Gelder, die zur Zeit Mobutus institutionalisiert waren, erneut an die Oberfläche kommen - und zwar, erst 4 Jahre nachdem das kongolesische Volk aufgehört hatte, eine gewisse Politik zu unterstützen, die sein profundes Streben nach Demokratie und Freiheit und seine wichtigen Interessen manifest ignorierte.
Jeder soll zwischen den Zeilen lesen und seine Lehre aus dem Vorhergehenden ziehen...
Berlin, den 26.08.2001