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Am 10. Dezember 2001 werden sich die kongolesischen Kriegsherren (J.P. Bemba, J. Kabila und A. Onusumba) in Abuja (Nigeria) treffen. Ziel dieses durch die UNO initiierten und durch Belgien und Frankreich getragenen Treffens, dem Gespräche von Experten aus Gbadolite, Kinshasa und Goma (3.-4. Dezember) vorausgehen, ist es, die divergierenden Ansichten der kriegführenden Parteien zu harmonisieren und die Modalitäten der Machtteilung unter sich festzulegen.
Zur Erinnerung: im September 2001, d.h. einige Zeit vor dem gescheiterten Treffen von Addis-Abeba (Oktober 2001), sollte, immer auf Initiative Belgiens und Frankreichs, ein Treffen der Führer der Kriegsparteien in der Verwaltungshauptstadt Nigerias (Abuja) stattfinden. Aufgrund des Nichterscheinens der Vorsitzenden der MLC (J.P. Bemba) und der RCD-Goma (A. Onusumba) wurden die Gespräche auf unbestimmte Zeit verschoben - sehr zur Enttäuschung des schon nach Abuja gereisten Präs. Kabila.
Während Präs. Kabila von einer "neuen politischen Ordnung" spricht, die aus Wahlen hervorgehen sollte, vertreten J.P. Bemba und A. Onusumba eine konvergierende Meinung, die der ihres Rangkollegen aber entgegensteht. Für sie, und dies ist auch die Meinung vieler Kongolesinnen und Kongolesen, soll die "neue politische Ordnung" in der DRKongo das Ergebnis des interkongolesischen Dialogs sein. Daher heißt es, wenn es "eine Machtteilung" geben sollte, dann nur im Rahmen des interkongolesischen Dialogs, der einzig den indizierten und geeigneten Rahmen dafür darstellt. Anders ausgedrückt, die "neue politische Ordnung" in der DRKongo setzt sowohl die Einrichtung neuer Institutionen, die zu freien, demokratischen und transparenten Wahlen führen sollen, als auch die Benennung der Frauen und Männer voraus, die diese Institutionen während der Übergangszeit führen sollten.
Hinter dem o.g. hinterhältigen Szenario, sprich die Machtteilung unter den Führern der kriegführenden Parteien, verbirgt sich der Wille einiger ausländischer Mächte, die angeblich um unseres Glückes willen versuchen, es denjenigen zu ermöglichen, die die Waffen als Mittel zur Machtergreifung bzw. zum Machterhalt gewählt haben, die Macht unter Ausschluß der politischen Parteien und anderer ziviler Kräfte und vor einer erschöpfenden Analyse der jetzigen Krise in der DRKongo (Krieg, Plünderung unserer mineralischen forstwirtschaftlichen, menschlichen und anderer Ressourcen) unter sich aufzuteilen. Ein Szenario, das einem Torpedieren des interkongolesischen Dialogs gleich kommt.
Die sich daraus ergebende Frage ist die nach der Nichtberücksichtigung des kongolesischen Volkes in Bezug auf diese außergewöhnliche Gangart, die zum Scheitern verurteilt ist und den Enttäuschten und Ausgeschlossenen von heute die Möglichkeit geben wird, morgen die Waffen zu ergreifen, um ihrerseits an die Macht zu gelangen.
Das, was in dieser Tragikomödie überrascht, ist die Tatsache, daß Präs. Kabila, der in der letzten Zeit mit Getöse unaufhörlich einen inklusiven interkongolesischen Dialog verlangt hat, akzeptiert hat, an einem Treffen teilzunehmen, von dem die politische Opposition, die Zivilgesellschaft und vor allem seine "heiß geliebten" Mai-Mai-Milizen fern gehalten werden. Man braucht kein Experte der Politik zu sein, um zu erkennen, daß das vom belgischen Außenminister favorisierte Szenario, das als Initialzündung einer Krisenlösung dargestellt wird, kein Träger einer nachhaltigen Lösung der Krise in der DRKongo ist.
Während diejenigen, die uns widerwillig helfen wollen, in ihren eigenen Ländern nicht von der Demokratie - d.h. die Macht, die vom Volke ausgeht -, abweichen, bieten sie in den kongolesischen Tropen alles auf, um den Waffen als Königsweg zur Machtergreifung bzw. zum Machterhalt Respekt und Bedeutung zu verschaffen.
Es ist zu bedauern, daß die kongolesischen "möchte-gern-Politiker" immer noch an die Fähigkeit der internationalen Gemeinschaft - die meiner Meinung nach virtuell ist -, zur Lösung der Gesellschaftskrise in der DRKongo und zur Beendigung des Krieges glauben. Zur Lösung der jetzigen Probleme im Kongo müssen primär die Kongolesinnen und Kongolesen beitragen, die gleichzeitig lernen sollten, ihr Geschick in die eigenen Hände zu nehmen und selbst die Geschichte ihres Landes zu schreiben. Die Voraussetzung dafür ist die Transzendierung ihrer egoistischen Interessen und die Schaffung von Bedingungen, die zu einer dauerhaften Entwicklung des Landes führen können, wobei die Rückkehr zum Frieden die Grundvoraussetzung darstellt.
Ich bleibe indessen davon überzeugt, daß sich die in der letzten Zeit immer wieder zu hörenden und zu lesenden Informationen als wahr erweisen werden, wonach sich J.P. Bemba und A. Onusumba nach Abuja (Nigeria) begeben werden, nicht aber um die Macht aufzuteilen, sondern um Präs. Kabila Auge in Auge mitzuteilen, daß es außerhalb des interkongolesischen Dialogs keine Machtteilung geben kann. Und dies stellt eine nicht von der Hand zu weisende Bestätigung des überflüssigen Charakters des Treffens von Abuja dar...
Berlin, den 26.11.2001
Von diesem Text gibt es auch eine französische Version in der Rubrik "en français".