archiv.kongo-kinshasa.de ist eine Informationssite über die Demokratische Republik Kongo: Neben Seiten über das Land im allgemeinen und ein paar Fotos gibt es auch aktuelle Nachrichten und eine umfangreiche Sammlung von Dokumenten aus unterschiedlichen Quellen.
Das Land
Aktuelle Infos
Service
Das Treffen von Brüssel ist am letzten Donnerstag zu Ende gegangen. Eingeladen hatte der belgische Außenminister, Louis Michel. Teilgenommen an dieser informellen Versammlung haben die politische Opposition und die treibenden Kräfte der Gesellschaft ("forces vives"). Als Beobachter hatten die Regierung in Kinshasa, die Europäische Union, die UNO, die OAU, die "Facilitation" und St. Egidio Vertreter geschickt. Nach Protesten der kongolesischen Diaspora wurden auch 5 ihrer Vertreter als Beobachter zugelassen. Nicht teilgenommen haben die FONUS (Olenghankoy) und die UDPS (Tshisekedi).
Am Vorabend des Treffens wurde heftig darüber diskutiert, ob die Abwesenheit der beiden "großen Oppositionsparteien" die Beschlüsse nicht in Frage stellen würde. In diesem Zusammenhang ist zu bemerken, daß die UDPS (Tshisekedi) zwar die älteste Oppositionspartei schon unter Mobutu ist, aber ob es sich hier um eine "große Partei" handelt, bleibt trotz ihrer guten Organisiertheit im In- und Ausland unbeantwortet. Man kennt die Zahl der Mitglieder nicht. Was die FONUS betrifft, ist bekannt, daß diese Partei erst nach dem Machtantritt L.-D. Kabilas in ihrer heutigen Form organisiert wurde. Es soll hier nicht angedeutet werden, daß Herr Tshisekedi und Herr Olenghankoy keine Rolle im aktuellen politischen Geschehen in der DRKongo spielen. Im Gegenteil.
Eröffnet wurde das Treffen von Brüssel am 14.1.2002 vom belgischen Premierminister, Guy Verhofstadt, und die ab dem 15.1.02 begonnenen Gespräche wurden von Louis Michel, Vize-Premier und Außenminister Belgiens, moderiert. Zweimal täglich gab es Pressekonferenzen, in denen Louis Michel über den Verlauf der Gespräche informiert hat.
Auf der Tagesordnung standen folgende Punkte:
Zu Punkt 1: Die Institutionen und die Verwaltung der Übergangsperiode
Der organische und legale Rahmen wird durch einen Beschluß fixiert, der während des interkongolesischen Dialogs angenommen wird. Dieser Beschluß wird die Institutionen und ihre jeweilige Zuständigkeit, die Dauer der Übergangsperiode und die Prinzipien, die ihr zu Grunde liegen, festlegen.
Die Verwaltung der Übergangszeit setzt eine "neue politische Ordnung" voraus, die also die Abschaffung des Dekrets 003/97 (Organisierung der Macht in der DRKongo) und das Ende der Macht der Rebellenbewegungen bedingt. Was die Basisprinzipien der Verwaltung der Übergangszeit betrifft, haben die Delegierten vorgeschlagen, daß keine Komponente des interkongolesischen Dialogs und der kongolesischen Gesellschaft, beim Entscheidungsfindungsprozeß ausgeschlossen werden darf. In diesem Sinne wurden Mechanismen vorgeschlagen, die als Alarm- bzw. Bremsmechanismen im Falle eines Mißbrauchs fungieren sollen.
Folgende Punkte wurden außerdem aufgeführt: Transparenz, Implizierung aller Komponenten des interkongolesischen Dialogs und die Wiederherstellung der Legitimität, die ökonomischen Aspekte und die internationale Unterstützung.
Über die Dauer der Transition wurde ein Konsens gefunden. Sie soll nicht mehr als 30 Monate betragen.
Zu den Institutionen der Transition zählen: das Parlament, der Staatspräsident, die Regierung und die Justiz. Überdies wurden die sogenannten "Institutionen zur Konsolidierung der Staatsbürgerschaft" in Aussicht gestellt:
Es ist die Aufgabe des interkongolesischen Dialogs, über die Modalitäten der Einrichtung dieser Kommissionen zu entscheiden.
Zu Punkt 2: Verfassung und Nationalität
Es wurde über zwei Verfassungen gesprochen, die der Übergangszeit und die der danach entstehenden 3. Republik. Während die Erste im Rahmen des interkongolesischen Dialogs diskutiert und beschlossen werden soll, soll die Verfassung der 3. Republik durch das Übergangsparlament entworfen und dem Volk in einem Referendum zur Abstimmung vorgelegt werden. Was ihren Inhalt betrifft, wurden einige Ideen allgemein akzeptiert - z.B. die Dezentralisierung des Staates, aber nicht seiner Teilung -, das institutionelle System soll aus dem Parlament, dem Präsidenten und der Regierung bestehen, die Justiz soll unabhängig sein, der Präsident und das Parlament sollen direkt vom Volk gewählt werden, der Premierminister soll gegenüber dem Parlament und /oder dem Präsidenten rechenschaftspflichtig sein.
Die Nationalitätsfrage soll im Rahmen des interkongolesischen Dialogs in einem Geist der Toleranz und der Anpassungsfähigkeit geregelt werden. Die Mehrheit der Delegierten ist dafür, daß diese Frage in die Zuständigkeit des Übergangsparlaments fällt.
Es zeigte sich eine breite Übereinstimmung über einige Punkte. Zu nennen ist u.a. die Exklusivität der Nationalität. Hinzu kommt, daß ihre Beantragung eine individuelle und freiwillige Entscheidung ist.
Zu Punkt 3: Wahlprozeß
Das Abkommen von Lusaka sieht vor, daß der Prozeß der "freien, demokratischen und transparenten Wahlen in der DRKongo" zur Tagesordnung des interkongolesischen Dialogs zählt. Dieser Prozeß wird aus mehreren Phasen und der Schaffung der institutionellen und legislativen Instrumente, einem Kalendarium und einem Mechanismus von internationaler Unterstützung bestehen. Die Wahlen sollen unter voller Respektierung des Abkommens von Lusaka, des republikanischen Paktes von Gaborone und der Beschlüsse des Sicherheitsrates der UNO organisiert werden.
Da es bis jetzt kein Wahlgesetz in der DRKongo gibt, soll der interkongolesische Dialog eines schaffen. Die 5 Komponenten des interkongolesischen Dialogs (Regierung, MLC, RCD-Goma, politische Opposition, treibenden Kräfte der Gesellschaft/"forces vives") sollen je 20 % der Mitglieder der unabhängigen Wahlkommission stellen. Die Wahlen sollen in den letzten 6 Monaten der Übergangsperiode stattfinden.
Die Delegierten plädierten für eine Neutralität der Streitkräfte und der Sicherheitsdienste.
Da die Wahlen vor allem eine kongolesische Angelegenheit sind, versteht sich die internationale Hilfe in diesem Zusammenhang nicht als Substitution.
Zu Punkt 4: Armee, Polizei und Sicherheitsdienste
Die Grundprinzipien der zukünftigen kongolesischen Armee sollen nach Meinung der Delegierten sein:
Der interkongolesische Dialog soll überdies diskutieren über:
Es wird auf notwendige internationale Hilfe bei Ausbildung und Ausrüstung der zu gründenden Armee verwiesen.
Die Polizei soll auf einer nationalen Basis gegründet werden und von der Zentralregierung abhängig sein.
Der Sicherheitsdienst soll restrukturiert werden. Seine demokratische Kontrolle soll durch einen geeigneten juristischen Text gewährleistet werden, der seine Organisation und seine Funktionsweise unter klarer Bestimmung der Aufgaben regelt.
Das Treffen von Brüssel hat auch beschlossen, ein Komitee zur Überwachung der Umsetzung der in Brüssel getroffenen Beschlüsse zu gründen. Dieses Komitee soll alle in Brüssel vertretenen Gruppen widerspiegeln.
Eigener Bericht aus Brüssel
Berlin, den 21.1.2002