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Die Nachrichten aus Genf, wo sich Anfang letzter Woche die kongolesischen kriegführenden Parteien (Regierung in Kinshasa, RCD-Goma und MLC) getroffen haben, um die noch offen gebliebenen Fragen, wie die Vertretung der Mai-Mai und die Erweiterung der Delegation der politischen Opposition beim interkongolesischen Dialog, zu beantworten, sind nicht erfreulich. Das Treffen von Genf, das die dritte Etappe eines Prozesses, der in New York begonnen hatte und in Abuja (Nigeria) fortgesetzt wurde, ist, wie Verhandlungskreise am letzten Sonntag bestätigten, ohne konkrete Ergebnisse zu Ende gegangen.
Die RCD-Goma spricht in diesem Zusammenhang von einem "völligen Mißerfolg". Deshalb lehnte sie die Unterzeichnung des Abschlußdokuments ab, das hingegen von der Regierung in Kinshasa und der MLC unterzeichnet wurde. Die Vertreter der Vereinten Nationen, auf deren Initiative und unter deren Schirmherrschaft das Treffen stattgefunden hat, werteten die Gespräche positiver. Es ist sogar die Rede von einem "Klima des Vertrauens" und vom Vorhandensein des "Willens zu Kompromissen". Das Treffen von Genf, so Ibrahim Fall, stellvertretender UNO-Generalsekretär, zuständig für politische Fragen und Moderator der Gespräche, war von Anfang an so angelegt (informelles Treffen), daß es nicht unbedingt zu konkreten Ergebnissen führt. Einigung, wenn man in diesem Zusammenhang überhaupt über Einigung sprechen darf, wurde über folgende Punkte erzielt: die Institutionen der Übergangszeit, die Verfassung und die künftige Armee.
Der fehlgeschlagene Angriff der Regierungstruppen und ihrer Alliierten auf die Stadt Moba sollte, nach Meinung der RCD-Goma, in Genf auf der Tagesordnung stehen. Als Beweis dafür erwähnte der Leiter der RCD-Goma Delegation ein Schiff mit Soldaten und Waffen, das auf dem Tanganjikasee gekapert wurde und der MONUC zur Besichtigung zur Verfügung steht. Im Namen Kinshasas lehnte V. Kamerhe, Delegationsmitglied, den Vorschlag ab und verwies die RCD-Goma auf die Tagung der politischen Kommission des Abkommens von Lusaka, die am 11.2. in Luanda geplant war. Aus Luanda wurde Anfang dieser Woche die Annullierung dieses Treffen bekannt. Kigali hatte es abgelehnt, seine Delegation in die Hauptstadt Angolas reisen zu lassen.
Die RCD-Goma hat am Donnerstag, dem 7.2.02, ihre Beteiligung an den Gesprächen suspendiert und 5 Bedingungen, die von der Regierung in Kinshasa schriftlich beantwortet werden müssen, gestellt. Es sind
Ungeachtet der Antwort der Regierung hatte der Leiter der Delegation der RCD-Goma versichert, daß die Rebellenorganisation in Sun-City präsent sein wird.
Die Antwort der Regierung hat nicht auf sich warten lassen. Katumbe Mwanke, Leiter der Regierungsdelegation bei den Gesprächen in Genf, wies diese Bedingungen mit der Begründung zurück, daß es sich hierbei um die schon von der Regierung in Kigali dargelegten Positionen handelt, Positionen, denen die Regierung in Kinshasa durch den Außenminister, She Okitundu, beim Sicherheitsrat der UNO am 29.1.2002 eine Antwort erteilt hatte, indem er die Konstituierung einer internationalen Kommission zur Ermittlung der bewaffneten Gruppen verlangte.
Unbeantwortet blieb die Frage nach der Form der Staatspräsidentschaft während der Übergangszeit. Die Delegierten aus Kinshasa waren für die einzige Präsidentschaft unter J. Kabila, während die bewaffnete Opposition für eine turnusmäßige Präsidentschaft plädierte.
Ein anderer Streitpunkt ist auch die von der "Facilitation" vorgelegte Zusatzliste. Die RCD-Goma verbindet diesbezüglich ihre Teilnahme am interkongolesischen Dialog mit der Streichung von Kibassa Maliba und Vunduawe aus dieser Liste. Die beiden zählen nach Ansicht der Rebellenbewegung nicht zur Opposition, sondern zum Regierungslager. Kibassa Maliba hat in der Regierung L.-D. Kabilas das Bergbauministerium geleitet, und Vunduawe war aus seinem Exil in Hongkong in Koffern des ehemaligen kongolesischen Außenministers, Yerodia Ndombasi, nach Kinshasa zurückgekehrt. Für die MLC ist einzig die Liste der 15 politischen Parteien, die an dem Treffen von Gaborone teilgenommen hatten, die sogenannte Gruppe von Cotonou, berechtigt, an dem für den 25. Februar vorgesehenen interkongolesischen Dialog in Sun-City teilzunehmen.
Gleich im Anschluß daran haben die Mai-Mai-Milizen das Arrangement von Genf, wonach jede kriegsführende Partei 2 Mai-Mai-Vertreter ihrer Obedienz stellen soll, abgelehnt und verlangen als autonomer Bestandteil des interkongolesischen Dialogs anerkannt zu werden.
In Brüssel, wo sich die externe Opposition versammelt hat, um die ihr zur Verfügung gestellten 5 Sitze (Europa: 3, Amerika: 1, Afrika: 1) beim interkongolesischen Dialog zu besetzen, spricht man auch von einem "Duell mit Messern". Hinzu kommt, daß sie die durch die "Facilitation" aufgestellte Zusatzliste ebenfalls ablehnt.
Während sich das kongolesische Volk nach Frieden sehnt, verlieren sich die kongolesischen politischen Parteien in ihren byzantinischen Querelen. Alle diese Machenschaften offenbaren ihre Verleugnungen und Inkompetenz und lassen auf ihre chronische Unfähigkeit zu elementarem Demokratieverständnis schließen.
Angesichts dieses Tohuwabohus liegt man nicht fehl in der Annahme, daß die Einberufung des interkongolesischen Dialogs trotz der Versicherung des "Facilitateurs", daß sich die Kongolesen, wie verabredet, am 25.2.2002 in Sun-City treffen werden, um die Lösung der kongolesischen Krise zu finden, gefährdet ist. Und die Gefährdung des interkongolesischen Dialogs bedeutet die Verlängerung des Leidens des kongolesischen Volkes, das seit 1996 mit zwei sogenannten Befreiungskriegen konfrontiert ist. Daher soll sich die kongolesische politische Klasse zusammennehmen und die Interessen des Volkes vor die parteipolitischen und egoistischen Interessen stellen.
Ich werde nie müde zu sagen, daß es beim interkongolesischen Dialog vor allem um die Definition einer neuen politischen Ordnung in der DRKongo geht, die wiederum zu freien, demokratischen und transparenten Wahlen führen soll. Wenn das so ist, wozu dienen die vielen Vorgespräche zum interkongoleischen Dialog, Vorgespräche, die bisher bis auf einige Ausnahmen zu keinem Erfolg geführt haben. Aus New York wurde am Wochenende bekannt, daß die Vertreter der kriegführenden Parteien in Genf ein Gipfeltreffen vor dem Treffen von Sun-City vorgesehen haben. Wird durch diese zahlreichen informellen, nicht alle Komponenten umfassenden Treffen der interkongolesische Dialog nicht seines Sinnes entleert, nämlich ohne gegenseitige Ausgrenzung über die Zukunft der DRKongo zu befinden? Zumal der Ausschluß des Anderen zu Bruch und totalem Zerfall der Gesellschaftführt führt.
Das kongolesische Volk muß sich dessen bewußt werden, daß die Demokratie niemals verschenkt wird, sondern erobert werden muß, auch wenn mit Blut dafür bezahlt werden muß.
Berlin, den 13.2.2002