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Mehr als eine Woche nach dem Abschluß des "partiellen Rahmenabkommens" von Sun-City bleiben die Meinungen darüber geteilt. Während für die einen das von der Regierung in Kinshasa und der MLC initiierte und durch einen Großteil der Delegierten des interkongolesischen Dialogs unterzeichnete Abkommen von Sun-City den Weg zu Frieden, nationaler Versöhnung und Wiedervereinigung des Landes ebnet, sehen die anderen im Gegensatz dazu in ihm die Konsolidierung der Teilung der DRKongo in zwei gleichmäßige Teile.
Das, was man eingangs stigmatisieren muß, ist, daß das Mehrheitsprinzip mittels des "partiellen Rahmenabkommens" die Stelle des Konsenses übernommen hat, Konsens, der durch das Abkommen von Lusaka (1999) als Basis für jegliche Entscheidung betreffend die politische Zukunft der DRKongo vorgesehen war und von der Regierung und der MLC bei der Bearbeitung des "Abkommens von Sun-City" nicht berücksichtigt wurde.
Der durch den gescheiterten interkongolesischen Dialog designierte Premierminister, J.P. Bemba, ist noch nicht in Kinshasa eingetroffen. Begründung: die Sicherheitsbedingungen für seine Person sind noch nicht erfüllt. Einige sehen in seiner Verhaltensweise den Ausdruck einer Sicherheitsparanoia. Nach gut unterrichteten Quellen würde er indes den Rückzug der simbabwischen Truppen aus der DRKongo verlangen, Truppen deren Präsenz auf dem Territorium der DRKongo dem kongolesischen Staatspräsidenten, der unter den uns bekannten Bedingungen an die Macht gekommen ist, als Garantie für den Machterhalt dient.
Präs. Kabila hat letzte Woche in seiner Rede an die Nation das "Abkommen von Sun-City" begrüßt, zu dem er sich bekennt und für dessen Umsetzung engagiert. Überdies lädt er die Komponenten des interkongolesischen Dialogs, die das Abkommen bisher nicht unterzeichnet haben, ein, sich zu implizieren. In welchem Rahmen? Darauf hat man keine Antwort.
In Süd-Afrika, wo sich noch bis letzte Woche die Gegner des "Abkommens von Sun-City" aufgehalten haben, wurde eine "Allianz für die Rettung des interkongolesischen Dialogs" ins Leben gerufen, Allianz, deren Hauptziel ist, alle Parteien zur globalen und übereinstimmenden Lösung der kongolesischen Krise zurückzuholen. E. Tshisekedi (UDPS) ist zum Präsidenten der "Allianz für die Rettung des interkongolesischen Dialogs" bestimmt worden. Assistiert wird er durch zwei Vizepräsidenten: Katoto Katebe (materielle Ressourcen) und A. Onusumba (menschliche Ressourcen), während Rubwera zuständig für die Koordination ist.
Kigali hat schlicht und einfach das "Abkommen von Sun-City" zurückgewiesen und die Fortsetzung des interkongolesischen Dialogs verlangt. Uganda begrüßt das "Regierungs-MLC-Abkommen", fordert aber die Regierung und ihren jetzigen Alliierten, die MLC, auf, sich den Parteien anzunähern, die das Abkommen bisher nicht unterschrieben haben.
Für den "Facilitateur", K. Masire, wurde das Abkommen außerhalb des Rahmens des Abkommens von Lusaka unterschrieben und engagiert ihn folglich nicht. Überdies verlangte er, im Einvernehmen mit dem süd-afrikanischen Präsidenten, während der abschließenden Vollversammlung die Fortsetzung des interkongolesischen Dialogs in einem kleinen Rahmen, an dem 5 Delegierte pro Komponente teilnehmen sollten, mit dem Ziel der Ausräumung der noch offen gebliebenen Fragen und der Verbesserung des Mbeki-Plans II zur Lösung der Kongokrise.
Präsident T. Mbeki, dessen Aktion während der letzten Phase der Verhandlungen bemerkbar war, bleibt optimistisch über die Möglichkeit eines Globalabkommens in der DRKongo.
Der Sondergesandte des UNO-Generalsekretärs in der DRKongo wünscht, daß das "partielle Rahmenabkommen" auf die RCD-Goma, die UDPS und andere Komponenten, die das Abkommen nicht unterschrieben haben, ausgeweitet wird.
Im Gegensatz zur Europäischen Union - vertreten durch Frankreich, Belgien und Großbritannien - die die Fortschritte von Sun-City begrüßt hat, aber die Kongolesen drängt, mit Mut die letzte Hürde zum globalen Abkommen zu überwinden, läßt die Position der USA, denen man die Initiative einer globalen Lösung für den Frieden in der Region der Großen Seen zuschreibt, auf sich warten.
Obwohl wir jeder Komponenten des interkongolesischen Dialogs das Recht zugestehen, sich mit einem Partner seiner Wahl zu vereinigen, ist die Frage nach dem Motiv zu stellen, das dem zum einen durch die Regierung, die MLC und Alliierte abgeschlossenen Abkommen und zum anderen der von der UDPS, der RCD-Goma und den Nicht-Unterzeichnern des "Abkommen von Sun-City" eingegangenen Allianz zugrunde liegt. Denn: ein erfolgversprechendes politisches Abkommen muß nicht die Macht um der Macht willen zum Hauptziel haben, sondern auf einem Aktionsprogramm beruhen, das dem profunden Streben und den Hauptinteressen des Volkes Rechnung trägt. Ist dies der Fall mit der Bestrebung der Regierung, der MLC und Alliierten einerseits und der RCD-Goma, der UDPS und den Komponenten, die das "Abkommen von Sun-City" nicht unterschrieben haben?
Es braucht nicht besonders erwähnt zu werden, daß die "Allianz RCD-Goma - UDPS" gegen die Natur ist, insoweit sie eine politische Partei, die bis jetzt die Gewaltfreiheit als Mittel des politischen Kampfes proklamiert hat, und eine bewaffnete Bewegung, deren Existenz und Funktionsweise durch eine fremde Macht gewährleistet werden, zusammen bringt.
Einige Zeichen machen die Erschöpfung der MLC infolge des Verlustes des Durchgangsrechts ihres Nachschubs aus dem Ausland über die Zentralafrikanische Republik nach dem Scheitern des Staatsstreiches gegen Präs. Patassé sichtbar. Hinzu kommt ihre Unbeliebtheit in der Bevölkerung. Andere Quellen sprechen von dem immer stärker werdenden Druck der ehemaligen Mobutisten, die die "Unvollkommenheit des Exillebens" satt und dieses Abkommen forciert haben - in diesem Zusammenhang wird die von Thambwe Mwamba, ex-Mobutist und Abtrünniger der RCD-Goma, gespielte Rolle beim Zustandekommen des Abkommens -, um in die DRKongo zurückzukehren, ihre durch das AFDL-Regime konfiszierten beweglichen und nicht beweglichen Güter zurückzubekommen und sich an der Macht zu beteiligen. Wir hoffen, daß dieses Ziel nicht so bald realisiert wird. Die dem Land und dem kongolesischen Volk von den Mobutisten zugefügten Leiden sind immer noch frisch in Erinnerung.
Wie lange wird das Abkommen von Sun-City halten? Es lohnt sich diese Frage zu stellen, nachdem die Mai-Mai, eine Komponente dieses Abkommens, letzte Woche in Kinshasa die Führung der neu zu bildenden integrierten Armee verlangt haben.
Berlin, den 29.4.2002
Von diesem Text gibt es auch eine französische Version in der Rubrik "en français".