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Am 21.10.02 hat die UNO den Abschlußbericht des Experten-Panels zur "illegalen Ausbeutung der Naturressourcen und anderer Formen des Reichtums (Steuereinnahmen, wild wachsende Flora und Fauna; die Redaktion) der DRKongo" veröffentlicht.
Auf Grund der praktischen Gegebenheiten teilt der Bericht die DRKongo in 3 Zonen:
In jeder der 3 Zonen hat die UNO-Expertengruppe die Präsenz von Netzwerken ("elite networks") vorgefunden, die durch Ruander, Ugander und Simbabwer in Zusammenarbeit mit ihren jeweiligen kongolesischen Partnern gegründet wurden, um die "Naturressourcen und anderer Formen des Reichtums der DRKongo" nach dem Abzug ihrer Truppen weiter plündern zu können.
Der Report zeigt mit dem Finger auf die Mehrheit der afrikanischen Länder, die in den Krieg in der DRKongo impliziert sind. Beschuldigt werden auch 29 ausländische Unternehmen - darunter 5, die in der Bundesrepublik Deutschland (Bayer AG, H.C. Starck GmbH & Co. KG, KHA international AG, Masingiro GmbH und SLC Germany GmbH) ansässig sind. 54 Personen - unter denen 20 politische und militärische Verantwortliche aus Ruanda, Uganda, Simbabwe und der DRKongo -, werden namentlich zitiert.
In dem Bericht wird geschildert, wie die Rohstoffe (Gold, Diamanten, Coltan, Kupfer, Kobalt...) das kongolesische Territorium verlassen, um durch 12 afrikanische Länder zu passieren, bevor sie in 17 Staaten, darunter auch die Bundesrepublik Deutschland, stranden.
Wie man sieht, handelt es sich hier um ein echtes internationales Netzwerk, das ins Leben gerufen wurde, um die DRKongo auszuplündern.
Obwohl das Experten-Panel vom Verbot des Exports von Rohstoffen der DRKongo abrät - da es in Bezug auf die "Verbesserung der Lage der Regierung im Kongo, der kongolesischen Bevölkerung oder der kongolesischen Umwelt" kontraprodultiv sei -, spricht es sich für die Entschließung von Maßnahmen aus, die die illegale Ausbeutung der Naturressourcen der DRKongo durch kriminelle Organisationen und dubiose Personen begrenzen. In diesem Zusammenhang schlägt der Report finanzielle Restriktionen gegen 29 Firmen sowie gegen 54 Personen (Abkommen von Cotonou - Benin/OECD-Abkommen) unter denen der kongolesische Minister für öffentliche Sicherheit (Mwenze Kongolo), der Präsidialamtsminister (Katumba Mwanke) und der Chef der Agence nationale de renseignement (Nyembwe Kazadi) vor. In gleicher Weise legt der UNO-Bericht nahe, daß eine Finanzhilfe an Burundi, Ruanda, Uganda und Simbabwe mit der Konditionalität der Respektierung des Abkommens von Lusaka und der Beendigung der Plünderung der Naturressourcen der DRKongo verknüpft wird. Überdies unterbreiten die Experten den Vorschlag, daß Hilfe an die DRKongo und andere Staaten der Region der Großen Seen gewährt werden soll, die bereit sind, Infrastrukturen für den Wiederaufbau zu schaffen, Infrastrukturen, die wiederum Arbeitsplätze generieren. Sie verlangen parallel laufend die Verstärkung der Kontrollorgane, die die Straflosigkeit beenden sollen, von der die hohen Funktionäre und die politischen und militärischen Verantwortlichen aus den zitierten Ländern, denen die Partizipation an den illegalen Aktivitäten vorgeworfen werden, profitieren.
Wie nicht anders erwartet, haben die Beschuldigten postwendend dementiert, an der Plünderung der DRKongo beteiligt zu sein. Stellvertretend für viele mag hier die deutsche Tochterfirma der Bayer AG, H.C. Starck GmbH & Co. KG, genannt werden. "Du déjà-vu" würden wir sagen. Denn: Im Jahr 2001 hatte H.C. Starck, nachdem ihr die Beteiligung am illegalen Coltanhandel zur Last gelegt wurde, nach zahlreichen Dementis zugeben müssen, daß sie Coltan aus dem Osten der DRKongo bezogen hatte.
Die große Besonderheit des Berichts der UNO-Experten ist und bleibt zweifellos, wie eine kongolesische Tageszeitung in ihrer Ausgabe vom 23.10.02 schrieb, daß sich die Quellen der Plünderung in den Zentren der Macht in Kinshasa, Goma und Gbadolite befinden. Namentlich werden einige kongolesische Minister, hohe Funktionäre und Führer der bewaffneten Opposition genannt, die, ihre Position in der Regierung bzw. in der Administration nutzend, Ausländern dabei geholfen haben, verschiedene kriminelle Netzwerke und Strukturen zu gründen, um die kongolesischen Rohstoffe illegal auszubeuten und den Schmuggel und die Kapitalflucht zu begünstigen.
In diesem Zusammenhang spricht der Report von 5 Milliarden US-$, die mit Hilfe des in der von der Regierung kontrollierten Zone agierenden Netzwerks in Zusammenarbeit mit simbabwischen Verantwortlichen, im Laufe der letzten 3 Jahre, aus den Aktiva der nationalen Minengesellschaften der DRKongo zugunsten von privaten Firmen ins Ausland transferiert wurden. Unter den wichtigsten Beteiligten auf kongolesischer Seite sind, laut dem Bericht, der Minister für öffentliche Sicherheit (Mwenze Kongolo) und der Präsidialamtsminister (Katumba Mwanke).
Mwenze Kongolo hat in einem Brief vom 31.10.02 an den UNO-Generalsekretär gegen seine namentliche Nennung in dem Bericht protestiert.
Das, was man aus dem Bericht des UNO-Experten-Panels im Gedächtnis behalten muß, ist die Evidenz, daß die Prediger der demokratischen Illusionen in unserem Land nicht in der Lage sind, weder Richtlinien zu liefern noch die Mentalität aufkommen zu lassen, die für die Umsetzung der Erwartung der Bevölkerung notwendig sind, nämlich das Ende der Kultur der Mittelmäßigkeit und die Errichtung eines Sozial- und Rechtsstaates in der DRKongo. Wir beobachten im Gegenteil, daß die Propagandisten des unilateralen, unidimensionalen Denkens versuchen, das Streben des Volkes nach Demokratie und Freiheit zu kanalisieren und vom (rechten) Weg abzubringen, um entweder an die Macht zu gelangen oder die Macht für sich zu erhalten.
Die Implikation der kongolesischen politischen Persönlichkeiten sowohl aus der Regierung als auch aus der bewaffneten Opposition ist der manifeste Ausdruck der Mediokrität derjenigen, deren eigentliche Funktion darin besteht, den Wohlstand der Kongolesen und Kongolesinnen zu gewährleisten. Trotz der Schwere der den Regierungsmitgliedern zur Last gelegten Vorwürfe kleben sie an ihren Sesseln.
Der kongolesische Informationsminister hat vor kurzem versucht, das Verbleiben von Mwenze Kongolo, Katumba Mwanke und anderer in ihren Ämtern mit der karikaturenhaften Argumentation zu verteidigen, daß sie durch die Regierung beauftragt wurden, diese im Vorstand der kongolesisch-simbabwischen Mischgesellschaften zu vertreten. Ist dies eine Legitimation zur aktiven Beteiligung an der systematischen Plünderung der Naturressourcen der DRKongo? Das glauben wir nicht. Er fügte hinzu, daß die Zitierten bis auf weiters das Recht auf das Prinzip der "Unschuldsvermutung" und darauf, sich zu verteidigen haben. Für uns ist dies selbstverständlich. Im gleichen Atemzug aber erinnern wir an das Schicksal zahlreicher Kongolesinnen und Kongolesen, die willkürlich verhaftet werden und manchmal jahrelang ohne Anklage in verschiedenen illegalen Kerkern der verschiedenen Sicherheitsdienste oder in Gefängnissen hocken.
Der kongolesische Außenminister, She Okitundu, warf dem Experten-Panel während der Sitzung des Sicherheitsrates der UNO zu dem Report vor, eine unzulässige Vermischung begangen zu haben, indem es die echten Plünderer, sprich Ruanda und Uganda, mit den Alliierten der DRKongo (Simbabwe) in einen Topf wirft. An dieser Stelle machen wir klar, daß der UNO-Report in keiner Weise die Entschädigung, die die Regierung in Kinshasa an die simbabwische Regierung für die Präsenz ihrer Truppen an der Seite der kongolesischen Armee leisten muß, in Frage stellt. Angeprangert werden die kriminellen Aktivitäten einiger simbabwischer und kongolesischer Verantwortlicher, die ihre Position ausnützen, um ihre privaten Taschen zu füllen.
Wir sind der festen Meinung, daß die im Bericht der UNO-Expertengruppe beschuldigten Mitglieder der Regierung und der Administration bis zur Klärung des Sachverhaltes ihre Ämter niederlegen sollten. Dies wird es der Justiz ermöglichen, die Ermittlungen ohne Hindernisse einzuleiten und zu Ende zu führen.
Die Zeit der Aktion und der Klarheit ist gekommen. Zeit der Aktion und der Klarheit, in der die Änderungsideen in die Tat umgesetzt werden müssen. Der Sozial- und Rechtsstaat ist eine Chance, die das kongolesische Volk ergreifen muß. Wenn wir ihn nicht rechtzeitig aus den Flanken des aktuellen Regimes, das ihn verhindert, entreißen, wird die Gesamtgesellschaft in die Barbarei zurückfallen.
Der Ball ist im Feld des kongolesischen Volkes.
Berlin, den 3.11.2002
Den Report der UNO-Expertengruppe finden Sie unter dem Titel "Final report of the Panel of Experts on the Illegal Exploitation of Natural Resources and Other Forms of Wealth of the Democratic Republic of the Congo" in der Rubrik "Dokumente -> UNO und Sicherheitsrat" auf dieser Site.