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Die dritte Runde des innerkongolesischen Dialogs hat am Dienstag früh (17.12.02) unter der Mediation von Präs. Thabo Mbeki (Süd Afrika) und dem Sonderbeauftragten des UNO-Generalsekretärs für den innerkongolesischen Dialog, M. Niasse, ihre Tore mit der Unterzeichnung eines globalen und inklusiven Abkommens über die Transition in der DRKongo geschlossen.
Die Hauptziele der Transition sind:
Die Übergangszeit beginnt mit dem Auftrag zur Regierungsbildung. Die Wahl des neuen Präsidenten markiert das Ende der Transitionsperiode, deren Dauer 2 Jahre bzw. 24 Monate beträgt. Aufgrund der spezifischen Probleme bezüglich der Organisierung der Wahlen kann diese Periode um 6 Monate verlängert werden, die wiederum nur einmal um weitere 6 Monate verlängerbar ist, wenn die Umstände es erfordern, und zwar auf Vorschlag der unabhängigen Wahlkommission und durch eine gemeinsame und motivierte Entscheidung der Nationalversammlung und des Senats.
Zu den Institutionen der Transition zählen:
Das Parlament der Transition besteht aus zwei Kammern:
Die Organisation der Judikative wird in der Verfassung der Übergangszeit und in einem Gesetz festgelegt.
Was die Armee anbetrifft wird man auf den Mechanismus betreffend die "Bildung einer nationalen, restrukturierten und integrierten Armee" zurückgreifen, der am 10.04.02 in Sun City (Süd Afrika) angenommen worden war. Vorgesehen ist auch die Bildung eines hohen Rates der Verteidigung, der wie folgt zusammengesetzt wird:
Dem Abkommen von Pretoria zufolge bleibt Präs. J. Kabila in seinem Amt. Er wird assistiert durch 4 Vizepräsidenten, die aus der Regierung, der RCD-Goma, der MLC und der politischen Opposition kommen. Jeder Vizepräsident wird eine Kommission leiten: politische Kommission (RCD-Goma), ökonomische und Finanzkommission (MLC), Kommission für den Wiederaufbau und die Entwicklung (Regierung), soziale und kulturelle Kommission (politische Opposition).
Die Nationalversammlung wird durch einen Repräsentanten der MLC geleitet werden, und dem Senat wird ein Mitglied der politischen Opposition vorstehen.
Die noch zu bildende Regierung der nationalen Einheit wird aus 36 Ministern und 25 Vizeministern bestehen, die sich aus der Regierung, der RCD-Goma, der MLC, der politischen Opposition, der Zivilgesellschaft, der RCD-ML, der RCD/N und den Mai-Mai-Milizen rekrutieren. Wobei die Präsidialbewegung das Innenressort übernimmt, während die MLC das Außenministerium und die RCD-Goma das Verteidigungsministerium leiten werden.
Das Abkommen von Pretoria erweist sich als schwer umsetzbar, denn es handelt sich hier um ein Abkommen, das von 5 Parteien verhandelt und abgeschlossen wurde, die verschiedene politische Ziele haben - wohlgemerkt: die Regierung, die Rcd-Ml, die Fonus, die Udps, die Maï-Maï und die MNC/L haben es mit Vorbehalt unterschrieben.
Einige Beobachter fragen sich, ob die verschiedenen Vizepräsidenten die ihnen zugeteilten Ressorts nicht als ihr Jagdrevier betrachten werden. Es wird sogar von 4 Parallelregierungen gesprochen.
Die Regierung wird aus Mitgliedern verschiedener Organisationen bestehen, die sich zum Teil bis heute bekämpfen. Hinzu kommt, daß ihre Überbesetzung das Konsensprinzip, das als Fundament der Regierungsarbeit während der Übergangszeit dienen soll, in Frage stellen könnte und somit ein reibungsloses Funktionieren des Kabinetts verhindert. Zwei Tage nach der Unterzeichnung des Abkommens von Pretoria stellt sich immer noch die Frage der Sicherheit der Rebellenchefs in Kinshasa. Neben der Demilitarisierung Kinshasas, der Neutralisierung der in Kinshasa stationierten kongolesischen Armee und der Bereitstellung von neutralen Truppen bestehen die RCD-Goma und die MLC darauf, durch jeweils ca. 3000 Mann aus ihren eigenen Truppen in die Hauptstadt begleitet zu werden. So wird es in Kinshasa drei oder mehr verschiedene voneinander unabhängige Truppen geben. Stellt dies nicht Zündstoff für neue Konflikte dar?
Die Unbestimmtheit der Regelungen für die Bildung der neuen Armee bereitet ebenfalls Probleme. Was sind die Basiskriterien für die Rekrutierung?
Fragen über Fragen...
Wir sind der Meinung, daß die unerläßliche Voraussetzung für die erfolgreiche Umsetzung dieses Abkommens der gute Wille aller Beteiligten ist, endlich die Interessen des Landes vor ihre parteipolitischen und egoistischen Interessen zu stellen.
Im Vergleich zur Souveränen Nationalkonferenz der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts in Kinshasa stellt das Abkommen von Pretoria einen Rückschritt dar. Während dieses Treffens, das damals von vielen als Idealrahmen betrachtet wurde, in dem sich das damalige zaïrische Volk in Frage stellen und wieder mit sich selbst und mit der politischen Führung des Landes versöhnen konnte, wurde unter anderem entschieden, daß die Waffen nicht mehr als Mittel zu Machterlangung oder Machterhalt benutzt werden dürfen. Aber wie zu sehen ist, sind die Organisationen, die gestern Waffen gegen die Regierung in Kinshasa benutzt haben, an die Macht gekommen. Werden dadurch nicht andere ermutigt, ebenfalls die Waffen zu ergreifen, um an die Macht zu kommen?
Wir haben Angst, daß man mit dem Abkommen von Pretoria die Büchse der Pandora geöffnet hat.
Berlin, den 19.12.2002