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Der Militärobergerichtshof hat, nach neun Monaten der Verhandlungen, am Dienstag, den 7.1.2003 in Kinshasa, das Urteil im Prozeß gegen die mutmaßlichen Mörder L.-D. Kabilas gesprochen.
30 Personen wurden zum Tod verurteilt. Das gleiche Urteil wurde gegen 5 mutmaßliche Beteiligte (4 Kongolesen und einen Libanesen), denen während der Ermittlungen die Flucht gelungen war, ausgesprochen. Gegen sie wurden internationale Haftbefehle erlassen. Der Gerichtshof hat mehr als 30 Personen freigesprochen, darunter die Witwe des mutmaßlichen Mörders L.-D. Kabilas, Rashidi Mizele. Zur Erinnerung: Rashidi Mizele wurde unmittelbar nach der Tat durch den Oberst Eddy Kapend, der zu den zum Tod Verurteilten zählt, erschossen. Der Rest der Angeklagten wurde entweder zu lebenslanger Haft oder zu Gefängnisstrafen zwischen 20 Jahren und 6 Monaten mit Bewährung verurteilt.
Laut General Nawele Mukono, der die Verhandlung geleitet hat, gehen die Ermittlungen weiter und der Prozeß gegen die mutmaßlichen Mörder L.-D. Kabilas wird fortgesetzt.
Das, was wir im jetzigen Moment sagen können, ist die Tatsache, daß der Prozeß, der in Kinshasa stattgefunden hat, keine Antwort auf die Grundfrage gibt: Wer ist der Auftraggeber der Ermordung Präsident Kabilas? Mit anderen Worten, die Verantwortlichkeit in diesem perfekten Mord bleibt mysteriös.
Die Kommentatoren und die Menschenrechtsorganisationen sind sich einig: die Ermittlungen wurden schludrig geführt, und das Urteil ist ungerecht. Die Beschuldigten konnten ihre Verteidiger erst am Tag des Beginns der Verhandlungen treffen - dies hatte zu Folge, daß ihre Verteidigung nicht optimal vorbereitet werden konnte. Die Verhandlungen fanden über weite Strecken unter Ausschluß der Öffentlichkeit statt. Die Unabhängigkeit und die Unparteilichkeit von Richtern und Staatsanwälten ist in Frage zu stellen. Sie sind alle Mitglieder der Armee und der Sicherheitsdienste. Die Haftbedingungen im Makala-Gefängnis (Kinshasa) kamen einer unmenschlichen Behandlung nahe. Das Urteil wurde nicht begründet, und die Abwesenheit der Beisitzer war manifest. Gegen die Entscheidungen des Militärobergerichtshofes ist kein Einspruch möglich.
Die vorsätzliche Tötung, sei es eines Staatschefs, gehört in die Zuständigkeit von Kriminalgerichten. Warum hat man diesen Fall dem Militärobergerichtshof übergeben, um das Urteil zu sprechen?
Eine andere Frage, die sich stellt, ist, ob die 30 Todesurteile vollstreckt werden. Läßt die Annullierung des Moratoriums über die Nichtvollstreckung von Todesurteilen im September 2002 nicht Schlimmes befürchten?
Da "die Ermittlungen fortgesetzt werden und der Prozeß gegen die mutmaßlichen Mörder L.-D. Kabilas weitergeführt wird" (der Präsident des Gerichtshofs), wäre es nicht angebracht, auf das Ende des Verfahrens zu warten, um unter Kenntnis aller Elemente der Dossiers zu handeln? Es ist an einen kürzlich bekannt gewordenen Fall, der die Gefahr der zügigen Umsetzung der Entscheidungen des Militärobergerichtshofes belegt, zu erinnern. Einige Personen, die beschuldigt wurden, den Mord am Gouverneur der Zentralbank geplant zu haben, wurden verhaftet, ohne Beweise zum Tod verurteilt und standrechtlich erschossen. Erst nach diesem unverzeihbaren Justizirrtum wurden die wahren Schuldigen verhaftet und angeklagt.
Ohne hier die schwierige Situation, in der sich der kongolesische Staatspräsident befindet - als Sohn des Ermordeten, Nebenkläger und deshalb wegen Befangenheit ablehnbar -, sind wir der Meinung, daß die präsidentielle Gnade hier in Aktion treten muß. Nach über 3 Millionen Toten als Folge des Krieges, der dem kongolesischen Volk aufgezwungen wurde, und am Vorabend der lang ersehnten nationalen Versöhnung muß jedes menschliche Leben in der DRKongo geschützt werden. Wie eine Tageszeitung aus Kinshasa letzte Woche schrieb: "das Pardon (des Staatspräsidenten) wird sicherlich mehr zum nationalen Zusammenhalt beitragen als jede andere Charme-Aktion in dieser schweren Zeit, in der das kongolesische Volk sich auf der Suche nach seiner Orientierung, dem Gleichgewicht und der Harmonie befindet, um den Neuanfang zu versuchen".
Berlin, den 12.1.2003