archiv.kongo-kinshasa.de ist eine Informationssite über die Demokratische Republik Kongo: Neben Seiten über das Land im allgemeinen und ein paar Fotos gibt es auch aktuelle Nachrichten und eine umfangreiche Sammlung von Dokumenten aus unterschiedlichen Quellen.
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Am 6. April jährt sich zum neunten Mal der Tag eines Attentats, das in Ruanda den Völkermord an der Tutsi-Bevölkerung sowie Massenmorde an der Hutu-Bevölkerung im Gebiet der Rebellen, später den beabsichtigten Tod der ruandischen Flüchtlinge im Ost-Kongo und schließlich den andauernden Bürgerkrieg im Kongo ausgelöst hat.
Noch immer weigert sich die Völkergemeinschaft - hier in alter, breiter transatlantischer Solidarität des Schweigens - die Hintergründe der Ermordung der Präsidenten von Ruanda und Burundi, Habyarimana und Ntaryamira, sowie großer Teile der militärischen Führung Ruandas zu untersuchen. Ganz besonders möchte ich auch an Juvénal Renzaho, einen der getöteten Passagiere des abgeschossenen Präsidentenflugzeugs, erinnern. Er hat in seiner Zeit als ruandischer Botschafter in Bonn Freunde in allen politischen Lagern gefunden. Leider scheint nur ein Teil von ihnen an der Aufklärung seines Todes interessiert zu sein. (Im Klartext: Rudolf Decker hat beschrieben, wie eng er als Vertreter des Prayer Breakfast mit Renzaho zusammengearbeitet hat, mir ist jedoch keine Initiative dieser Organisation zur Aufklärung des Attentats bekannt.)
Das Attentat war zugleich das Ende eines 1990 einsetzenden Demokratisierungsversuchs in Zentralafrika. Noch wissen wir nicht genau, was die Administration Clinton dazu bewogen hat, 1994 unter Bruch des Arusha-Machtteilungsabkommens vom 4.8.1993 den militärischen Sieg einer Militärrebellion zu favorisieren, der um den Preis des Völkermordes an der Tutsi-Bevölkerung erkauft worden ist. Unter maßgeblichem Einfluss von Madeleine Albright, zuerst als UNO-Botschafterin und ab 1997 als Außenministerin, wurden ab 1993 rund um den Sudan eine Reihe von Militärregimen - so auch im Kongo, obwohl mit Etienne Tshisekedi und seiner UDPS eine demokratische Alternative zu Mobutu bereit gestanden hat- gefördert und am Leben erhalten.
Ich bin immer wieder perplex, wenn vernünftige Menschen diese Politik mit dem faktisch rassistischen Museveni-Argument rechtfertigen, die Afrikaner seien für demokratische Ordnungen noch nicht reif. (Hellhörig werde ich übrigens auch, wenn heute den demokratieskeptischen Islam-Analysen von Peter Scholl-Latour und der darin enthaltenen Absprechung der Demokratiefähigkeit der arabischen Welt von unerwarteter Seite Beifall gespendet wird.)
Nun verweigert man Ruanda seit 9 Jahren jegliches Selbstbestimmungsrecht mit Hinweis auf einen Genozid, den die Völkergemeinschaft hätte verhindern können. Es ist erstaunlich, dass niemand Protest erhebt gegen den Versuch, die militärisch begründete Herrschaft der FPR mit Hilfe einer undemokratischen "Verfassung" zu perpetuieren, die auf der Grundlage eines unvorbereiteten "Referendums" durchgepeitscht werden soll.
Bei dieser Gelegenheit will ich auf zwei Publikationen hinweisen, die innerhalb des letzten Jahres erschienen sind. Zum einen hat James Gasana den meines Erachtens fundiertesten Versuch unternommen, die Hintergründe des Ruanda-Dramas zu erhellen. Der Autor sucht nach einer Möglichkeit, das Werk "Rwanda: Du Parti-Etat à L'Etat-Garnison" (Paris, L'Harmattan, 2002, ISBN: 2-7475-1317-3) in einer englischen Übersetzung herauszubringen. Die Arbeit würde es verdienen. (Leider hat Jan Philip Reemtsma, dessen Hamburger Institut für Sozialforschung kürzlich das Werk von Alison Des Forges "Kein Zeuge darf überleben" in einer deutschen Fassung herausgebracht hat, auf einen Brief mit entsprechender Anfrage nicht einmal geantwortet.)
Erst Anfang März 2003 ist in Montréal/Quebec von Robin PHILPOT das Buch mit dem Titel "Ça ne s'est pas passé comme ça à Kigali" (So hat sich das in Kigali nicht zugetragen) erschienen. Dieses faktenreiche, aber auch engagierte Buch kann ich nur jedem empfehlen, der sich mit der "amerikanischen Seite" der Vorgänge befassen will. Ich habe den Autor am 22.3.2003 in München bei einer von Akagera-Rhein e.V. und dem Interkulturellen Forum München veranstalteten gelungenen Tagung kennen gelernt und ihm versichert, wie froh ich sei, nun "nicht mehr so allein zu sein." (ISBN: 2-89549-097-X)
Denn der Inhalt seines Buches deckt sich in weitem Maße mit den Schlussfolgerungen, die ich in einer ebenfalls Anfang März 2003 von MISSIO Aachen herausgegebenen Broschüre niedergelegt habe. (Helmut Strizek, Zur Lage der Menschenrechte in Ruanda. Leben nach dem Völkermord. Die Broschüre kann bei der Fachstelle Menschenrechte von MISSIO, Postfach 101248, 52012 Aachen, angefordert werden.
Helmut Strizek
Berlin, den 6.4.2003