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Mit der Bestätigung der Verfassung der Transition und der Resolutionen über die Teilung der politischen und militärischen Macht durch die Delegierten beim innerkongolesischen Dialog ist die DRKongo, am 2. April 2003, in eine Transition eingetreten, die mindestens 2 Jahre dauern wird. Nach Ansicht vieler Beobachter der kongolesischen politischen Szene läßt die politische und militärische Realität vor Ort aber das Bild einer verminten Transition entstehen.
In der Tat: die Beobachter der kongolesischen Situation vertreten die Meinung, daß die überwiegende und ursprüngliche Falle in der Verfassung der Transition zu finden ist. Einer Verfassung, die die Struktur eines Präsidialamtes mit einem Präsidenten und vier Vize-Präsidenten einführt. Diese Struktur trägt die Keime der Konflikte in sich. Zur Illustration: schon vor der Konstituierung und Inkraftsetzung dieser Struktur zeigt sich ein Mangel an Übereinstimmung. Joseph Kabila, der alte und neue Staatspräsident, hat, ohne sich mit den anderen Komponenten und den vier Vize-Präsidenten abzustimmen und vor einem Gerichtshof seiner "Obedienz", seinen Amtseid abgeleistet. Wie nicht anders zu erwarten, hat die RCD-Goma ihre Unzufriedenheit ausgedrückt und die Legitimität des geleisteten Eides in Zweifel gezogen. Überdies kündigte Joseph Kabila am Abend seiner Amtseinführung die umgehende Unterzeichnung eines Amnestiedekrets über Kriegshandlungen an. Eines Dekrets, das einige Tage später erlassen wurde. Am folgenden Tag spricht J.P. Bemba ebenfalls von einer Amnestieentscheidung, als ob er das unter seinen Fittichen befindliche Territorium außerhalb des globalen und inklusiven Abkommens weiter regiert. In Goma, wo die RCD-Goma das Sagen hat, nennt man dies: "Sich der Verfassung verpflichtet fühlen und laufende Geschäfte erledigen".
Diese oben genannten Illustrationen erinnern an den Konflikt zwischen Kasa-Vubu (Staatspräsident) und Lumumba (Premierminister) einige Monate nach der Ausrufung der Unabhängigkeit (1960). Einen Konflikt, der in die Neutralisierung der beiden Politiker durch den Oberst Joseph Desirée Mobutu gemündet hatte und das Land in den Abgrund geführt hatte, wo es sich bis heute befindet. Auf der politischen, und sogar der politisch-militärischen, Ebene haben die Annahme und die Verkündung der Verfassung, die Eidesleistung durch den Staatspräsidenten stattgefunden und die Resolution hinsichtlich der Teilung der militärischen Macht wurde angenommen, ohne daß für die Frage der Teilung dieser Macht eine Lösung gefunden wurde. Diese Aufgabe wurde den Führungen der verschiedenen kongolesischen Armeen zugeteilt, die auf einer Front wie Ölgötzen dasitzen oder sich auf der anderen hart bekämpfen.
Das Fehlen praktischer Vorkehrungen über die Teilung der militärischen Macht - besser gesagt: über die Sicherung der Amtstträger der Institutionen der Transition -, wird zweifellos die tatsächliche Arbeitsaufnahme des Folgekomitees des innerkongolesischen Dialogs und der Institutionen der Transition in Verzug bringen.
Auf der militärischen Ebene geraten die Fronten während dieser Zeit in Brand: Ituri, in der Provinz Oriental, steht in Flammen (Massaker von Drodro und Umgebung). Die ugandischen Truppen, so ihr Oberkommandierender, setzen die Säuberung des Frontabschnittes (Drodro) fort. In der Provinz Nord-Kivu übernehmen die Truppen der RCD-Goma, unterstützt durch ruandische Truppen, nacheinander die Kontrolle über die Orte Buniatenge, Mahanga und Bingi. Orte, die bis jetzt durch die Truppen von Mbusa Nyamwisi kontrolliert wurden.
In Süd-Kivu bekämpfen sich die Miliz "Mundundu 40", eine bewaffnete Mai-Mai-Gruppe, und die Truppen der RCD-Goma, beide mit Ruanda liiert, im Zentrum von Bukavu (Hauptstadt der Provinz). Sylvain Mbuki, der militärische Führer der RCD-Goma, spricht von Brüskierung und droht der Mai-Mai-Gruppe (Mundundu 40) mit Repressalien. In der Provinz Maniema finden seit mehreren Wochen Kämpfe statt, mit der Folge, daß die Bauern keinen Zugang zu ihren Feldern haben. Ganze Dörfer sind vom Rest der Welt abgeschnitten.
Man spricht wieder von der Präsenz ruandischer und burundischer Truppen. Postwendend dementieren Kigali und Bujumbura vehement. Die Monuc ist an Ort und Stelle unfähig, dies zu überprüfen: die Uniform ist das einzige Unterscheidungsmerkmal. Auf jeden Fall stellen die Rückkehr der ruandischen und burundischen Armee, die Verstärkung der ugandischen Truppen und die der Truppen von Kinshasa auf verschiedenen Fronten einen Hinderungsgrund für das gute Funktionieren der Transitionsmaschine dar.
Auf der humanitären Ebene herrscht eine noch nie dagewesene Situation: mehr als 3,5 Millionen Tote, ca. 3 Millionen Binnenflüchtlinge, 90 % der Bevölkerung sind unterernährt, 94 % der Haushalte sind ohne Strom und ohne Trinkwasser. Es sind Zahlen, die "à la longue" eine explosive sozio-ökonomische Realität zum Ausdruck bringen.
Emmanuel Bosuka Nkele
Kinshasa, den 16.4.2003
Übersetzung: die Redaktion von archiv.kongo-kinshasa.de)