archiv.kongo-kinshasa.de ist eine Informationssite über die Demokratische Republik Kongo: Neben Seiten über das Land im allgemeinen und ein paar Fotos gibt es auch aktuelle Nachrichten und eine umfangreiche Sammlung von Dokumenten aus unterschiedlichen Quellen.
Das Land
Aktuelle Infos
Service
Die Tragikomödie, die die politische Opposition, als Komponente des innerkongolesischen Dialogs, in Hinsicht auf die Benennung ihrer Vertreter bei den Institutionen der Transition seit dem Abschluß des Abkommens von Pretoria (17.12.2002) spielt, wird fortgesetzt. Das am letzten Wochenende (25./26.04.03) stattgefundene Treffen, bei dem die Ernennung ihrer Vertreter bei den Institutionen der Transition stattfinden sollte, war ohne nennenswerte Ergebnisse zu Ende gegangen. Hinzu kommt, daß nur ein Teil der 26 politischen Parteien, die die "politische Opposition" bilden, an diesem Treffen teilgenommen hatte.
In einer am 25.4.2003 in Kinshasa publizierten Erklärung sprechen die Abwesenden des letzten Treffens von einem "Putsch". Die von ihnen aufgestellte Liste ihrer Vertreter wurde nicht anerkannt, mit der Folge, daß sie fast 2 Stunden auf ihre Zulassung am Ort des Geschehens warten mußten. Vergebens. Danach gingen sie nach Hause.
Einige Beobachter der kongolesischen politischen Szene sprechen in diesem Zusammenhang von der Mittelmäßigkeit der kongolesischen politischen Klasse und von politischen Machenschaften, die durch einige Krieg führende Parteien mit Geschick elaboriert wurde, um die Einleitung der Transition unter Berücksichtigung ihrer kaschierten Agendas zu verzögern.
Wir sagen hier "Tragikomödie" deshalb, weil die autoproklamierten Vertreter des Volkes trotz der immer evidenter und eklatanter werdenden Misere des letzteren nur an ihre egoistischen Interessen und an die Staatsämter denken. Vor einigen Tagen hatte ein Teil der Mitglieder der UDPS, ohne mit den anderen Mitgliedern der politischen Opposition abzustimmen, ihren Parteivorsitzenden, E. Tshisekedi, als Vize-Präsidenten dieser Komponente ernannt. In der Nacht vom 13. zum 14.04.03 wurden, in Abwesenheit der UDPS, der PALU und der G14, zwei Vertreter der politischen Opposition beim nationalen Folgekomitee (Olenghankoy und Pay-Pay) ernannt. Die beiden Entscheidungen laufen dem geltenden Konsensprinzip entgegen. Das Abkommen von Lusaka (1999), das dem globalen und inklusiven Abkommen von Pretoria (17.12.02) zugrunde liegt, hatte den Konsens als Abstimmungs- bzw. Durchführungskriterium festgelegt.
Wir sagen hier "Tragikomödie" deshalb, weil die nicht enden-wollenden Verhandlungen über die Ernennung des der politischen Opposition zustehenden Vize-Präsidenten geführt werden, obwohl der Name des Kandidaten für dieses Amt bekannt ist. Den uns zur Verfügung stehenden Informationen zufolge wurde dieser Posten schon vor dem Abschluß des globalen und inklusiven Abkommens durch die den Krieg führenden Parteien dem Vorsitzenden der "Allianz für die Rettung des innerkongolesischen Dialogs", sprich E. Tshisekedi, zugesprochen.
Um die Lage klar darzustellen, werden wir uns in der Folge auf den von Tharcisse Loseke in "Le Phare" vom 29.4.03 publizierten Artikel beziehen. Dort ist zu lesen, daß das Schema "1+4" etappenweise unter der Mediation der UNO (M. Niasse) zuerst zwischen der Regierung in Kinshasa und der RCD-Goma verhandelt wurde, die sich heimlich darüber verständigt hatten. Dadurch wurde die MLC, die einzig und allein nur ein Vize-Präsidentenamt bekam, gegenüber den anderen beiden Krieg führenden Parteien marginalisiert. Dieses manifeste Ungleichgewicht innerhalb des Präsidialamtes wurde aber später korrigiert, und der MLC wurde der Vorsitz der Nationalversammlung zugesprochen.
Dieses innerhalb des Präsidialamtes und der Institutionen der Transition erreichte "wackelige" Gleichgewicht hatte den Abschluß des mühevoll verhandelten globalen und inklusiven Abkommens ermöglicht. Um jede Konfusion und ein eventuelles Blockieren zu vermeiden, wurden die politische Opposition und die Zivilgesellschaft auf dieser Verhandlungsstufe von den Gesprächen fern gehalten.
Wie schon bekannt sieht das Gleichgewicht folgende Machtteilung auf der Ebene des Präsidialamtes vor: die Regierung in Kinshasa bekommt das Amt des Präsidenten und eines Vize-Präsidenten; der RCD-Goma wurde ein Amt des Vize-Präsidenten zugeteilt, ein weiteres soll eine ihr nahe stehende politische Partei bzw. Gruppierung, sprich die "Allianz für die Rettung des innerkongolesischen Dialogs" (ASD), bekommen; der MLC wurde ein Amt des Vize-Präsidenten und der Vorsitz der Nationalversammlung zugeteilt.
Mit anderen Worten, E.Tshisekedi (UDPS/ASD) soll das der politischen Opposition zustehende Amt des Vize-Präsidenten innehaben. Dies verlangt auch die RCD-Goma in einer am Ende ihrer ordentlichen Sitzung am 25.4. veröffentlichten Erklärung.
Handelt es sich hier um Gerüchte oder existiert das geheime Abkommen über die Besetzung des der politischen Opposition zustehenden Amtes des Vize-Präsidenten wirklich? Dies ist die sich angesichts des herrschenden Tohuwabohus innerhalb der politischen Opposition stellende Frage. Eine Frage, auf die nur die den Krieg führenden Parteien und der Mediator (M. Niasse) eine Antwort geben können. Und zwar, unverzüglich. Die Misere des kongolesischen Volkes dauert schon zu lange, und sein Wunsch, nachdem das Folgekomitee seine Arbeit effektiv aufgenommen hat, ist, daß die Institutionen der Transition bald ihre Arbeit aufnehmen.
Wir können das vorliegende Papier nicht abschließen, ohne vorher einen Blick auf die Lage innerhalb der Zivilgesellschaft zu werfen. Zivilgesellschaft, der es, bis auf die Ernennung ihrer Vertreter beim Folgekomitee, noch nicht gelungen ist, den Kandidaten für den ihr zustehenden Vorsitz des Senats und ihre Vertreter bei anderen Institutionen der Transition zu ernennen.
Wenn wir den letzten Informationen aus Kinshasa Glauben schenken dürfen, soll der Vorsitz des Senats einem Vertreter der Zivilgesellschaft der Stadt Kinshasa zufallen, der durch die 22 aus den Provinzen stammenden und noch zu ernennenden Senatoren designiert werden soll. Die Leitung der Institutionen zum Schutz der Demokratie wurden unter strenger Berücksichtigung der geopolitischen Gegebenheiten (Verteilung auf die Provinzen) besetzt. Was die Vertretung der Provinzen bei der Nationalversammlung anbetrifft, wurde folgendes festgelegt: jede Provinz schickt 7 Delegierte, während Kinshasa 21 Delegierte entsenden wird und die Provinz Oriental 10 Vertreter haben wird.
Es handelt sich hier um einen Vorschlag, der durch einen Teil der Zivilgesellschaft gemacht worden ist. Ob er die Zustimmung des anderen Teils finden wird, ist und bleibt fraglich. Denn: sowohl die kongolesischen Politiker als auch die Aktivisten der Menschenrechte haben uns, wegen ihrer Unbeständigkeit, in der Vergangenheit immer wieder in Erstaunen versetzt.
Berlin, den 1. Mai 2003