archiv.kongo-kinshasa.de ist eine Informationssite über die Demokratische Republik Kongo: Neben Seiten über das Land im allgemeinen und ein paar Fotos gibt es auch aktuelle Nachrichten und eine umfangreiche Sammlung von Dokumenten aus unterschiedlichen Quellen.
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Wir bedanken uns bei unserem Freund, Muepu Muamba*, dafür, daß er uns diesen in Entwicklungspolitik 12/2003, pda publizierten Artikel für die Publikation auf unserer Homepage zur Verfügung gestellt hat. Er hat nicht an Aktualität verloren. Nach Bekanntgabe der Mannschaft der Übergangsregierung gab es weiterhin Kampfhandlungen zwischen Mai-Mai-Milizen und der RCD-ML, die - wohlgemerkt -, beide in dieser Regierung vertreten sind.
Die Diskussion in Deutschland über die Entsendung einiger hundert deutscher Soldaten nach Kongo trägt wahrhaft absurde, sogar obszöne Züge. Die Soldaten sollen im Falle einer Entsendung in dem benachbarten Land Uganda zum Einsatz kommen und die französischen Truppen in Kongo operativ unterstützen. In den sechziger Jahren hatten es die westlichen Staaten unter der Schirmherrschaft der UNO rasen eilig, mit einer ganzen Armee in Kongo einzufallen um "präventiv" zu verhindern, daß das Land ja nicht in die Einflußsphäre der Sowjetunion gerät. Dieses Ereignis führte dann zu der Ermordung des ersten frei gewählten kongolesischen Ministerpräsidenten, Patrice Lumumba, und hat anschließend die Errichtung der zweiunddreißigjährigen blutigen Diktatur Mobutus bewirkt, die das Land völlig zerrüttet und ins tiefste Elend gestürzt hat.
Heute scheint diese Vorgeschichte niemanden mehr zu interessieren, obwohl die gegenwärtige verworrene Situation in diesem Ereignis wurzelt; die internationale Staatengemeinschaft steht der Misere der Kongolesen schon lange gleichgültig gegenüber und schaut teilnahmslos dem großen Sterben im Herzen Afrikas zu, wo in den letzten Jahren mehrere Millionen Menschen dem Krieg zum Opfer gefallen sind. Warum sollte man sich auch engagieren? Die beute ist in jedem Fall sicher: Die anhaltenden Kriegswirren erlauben vielen - sowohl Afrikanern als auch ausländischen "Raubrittern" jeder Couleur -, die Reichtümer des Landes offen auszuplündern.
Das erste, das man sich fragt: warum findet erst jetzt eine Intervention statt, obwohl die Kongolesen seit Jahren nach Hilfe schreien? Sie rufen nach Hilfe, damit in ihrem Land endlich der Frieden hergestellt werden kann. Sie schreien um Hilfe, weil ihr Leben und das Leben in dieser Region der Welt in höchster Gefahr sind. Es handelt sich dabei nicht darum, auf Mitleid zu hoffen, sondern unsere Verantwortung als Menschen füreinander wahrzunehmen - ein fundamentaler Wert des humanen Fortschritts, der in schmierigen Geldströmen zu ersticken scheint.
Kein Kongolese erwartet, daß deutsche Soldaten für ihn in Kongo sterben sollen
Kein Kongolese erwartet, daß deutsche Soldaten für ihn Krieg führen und in Kongo sterben sollen. Aber was erwartet dann der größte Teil der afrikanischen Bevölkerung von der internationalen Staatengemeinschaft? Eine Bevölkerung, die keine Stimme hat, stumm leidet, von bewaffneter Gewalt gequält und erniedrigt wird. Die von einer korrumpierten, mittelmäßigen Elite - oft von außen unterstützt - zur Geisel genommen wird.
Sie erwartet seit vielen Jahren vergebens von der berühmten internationalen Staatengemeinschaft, daß endlich ein Embargo für alle Waffen, die massenweise in die Region der Großen Seen gelangen, verhängt wird. Daß man die Konten aller, inzwischen wohl bekannten, Kriegsherren und Kriegsgewinnlern bei europäischen und amerikanischen Banken sperrt. Daß die internationale Staatengemeinschaft endlich beschließt, auf alle an diesem Krieg direkt und indirekt Beteiligten, die sehr zahlreich sind -, seien es Afrikaner oder Nicht-Afrikaner -, eine effektiven Druck auszuüben, damit sie die Friedensvereinbarungen, die sie unterzeichneten, auch einhalten. Diese afrikanischen Kriegsherren gehören zu einer anderen Welt, wo das gegebene Wort kein Gewicht mehr hat. Sie haben nichts mehr mit der alten afrikanischen Kultur gemeinsam: sie haben sich davon himmelweit entfernt.
Die Kongo-Kriege waren und sind, seit jeher, immer Raubkriege gewesen. Leopold der II raubte und tötete im Namen des Christentums, andere plünderten und plündern im Namen des Sozialismus oder der Demokratie.
Es ist doch höchst erstaunlich, daß beinahe täglich neue "Leader" aus dem Nichts in Afrika auftauchen, die unsere Kinder bewaffnen und sie in Tötungsmaschinen verwandeln. Afrika ist kein Produzent von Massenvernichtungswaffen, nicht einmal von Einzelvernichtungswaffen. Afrika ist vor allem der Leidtragende all dieser Segnungen der Zivilisation. Woher kommen all diese Waffen, die unsere Zukunft vernichten? Es ist unerlässlich, daß man uns eines Tages erklärt, daß z.B. ein Krimineller, wie Charles Taylor aus Liberia, der vor ein internationales Tribunal gestellt werden müsste, an der Spitze eines Staates stehen kann. Wer sind die Beschützer dieser Herren? Die Straflosigkeit bleibt der Hauptfeind unserer Völker.
Ein chinesischer Denker sagte bereits vor Jahrtausenden: "Wenn du ein Brot stiehlst, kann es dich deinen Kopf koksten, aber wenn Du ein ganzes Land raubst, wird man dich verehren." Die Welt hat sich wohl in dieser Hinsicht nicht viel geändert.
Indem Kagame und Museveni die einzelnen Völker unserer Länder gegeneinander aufhetzen, setzen sie die zerstörerischen Werke ihre Vorgänger fort, die sie einst bekämpft haben.
Kagame und Museveni verkörperten für einige von uns die Hoffnung auf eine bessere Zukunft, wie damals der junge Thomas Sankara aus Burkina Faso, der durch die Komplizenschaft von außen umgebracht worden ist. Schade, daß sie diese Hoffnung in keiner Weise erfüllt haben. Der Machthunger ist ihnen zu Kopf gestiegen. Sie hätten den geschundenen Völkern der Region der Großen Seen einen besseren Dienst erweisen können, wenn sie mit Umsicht und Großzügigkeit gehandelt hätten. Aber leider mangelte es ihnen an positiven Visionen für die Zukunft. Indem sie die einzelnen Völker unserer Länder gegeneinander aufhetzen, setzen sie die zerstörerischen Werke ihre Vorgänger fort, die sie einst bekämpft haben. Ihre Verantwortung gegenüber der Geschichte des Kontinents wir ebenso schrecklich sein, wie die Verantwortung von Mobutu, Idi Amin Dada oder Bongo.
Die afrikanischen Völker sind tief verletzt durch die Grausamkeit der Geschichte. "Alle Schöpfungen dieser Erde - Bäume und Tiere mit einbegriffen - tragen Gottes Antlitz in ihren Blicken" - sagte man im alten Afrika. Und wir töten Gott jeden Tag durch unsere Gleichgültigkeit.
Muepu Muamba
* Muepu Muamba ist Vorsitzender des Dialog International e.V., Frankfurt am Main.
Originaltext französisch, Übersetzung Maria Németh.