archiv.kongo-kinshasa.de ist eine Informationssite über die Demokratische Republik Kongo: Neben Seiten über das Land im allgemeinen und ein paar Fotos gibt es auch aktuelle Nachrichten und eine umfangreiche Sammlung von Dokumenten aus unterschiedlichen Quellen.
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Vor einigen Tagen sind wir auf einen durch eine in Kinshasa erscheinende Tageszeitung publizierten Artikel gestoßen, der über den Aufenthalt eines der kongolesischen Vize-Präsidenten in Portugal wegen eines Gesundheits-Check berichtet. Wir hätten nichts dagegen einzuwenden, wenn es sich dabei um einen Krankheitsfall handelt, der nicht in Kinshasa behandelt oder um eine Organtransplantation, die vor Ort nicht durchgeführt werden kann.
Zur gleichen Zeit aber sterben in der DRKongo jeden Tag Tausende von Kongolesen auf Grund des Fehlens von Krankenhäusern, adäquaten Arzneien oder finanziellen Mitteln, die es ihnen ermöglicht hätten, sich im Ausland medizinisch behandeln zu lassen. Überdies stellt sich hier das Problem der Glaubwürdigkeit der Machtinhaber der Institutionen der Transition, die uns ohne unsere Machtdelegation regieren und deren nationalistische Diskurse zum Ziel haben, die ausländischen Adressaten zufrieden zustellen. Zu fragen ist, ob diejenigen, die so handeln, trotz ihrer Zugehörigkeit zu den Übergangsinstitutionen, die profunden Interessen des Volkes wahrnehmen können.
Es ist an dieser Stelle zu bemerken, daß die oben geschilderte Sachlage auch im Bereich der schulischen Erziehung zu beobachten ist. Während die einen, die Macht und Reichtum besitzen, ihre Kinder zwecks Schulbesuchs oder Studiums ins Ausland schicken können, müssen sich die Kinder der anderen, die die große Mehrheit der Bevölkerung darstellen, mit vollen Klassenräumen oder überfüllten Auditorien zufrieden geben und sich von Lehrern unterrichten lassen, deren Leistung aus verschiedenen Gründen (unbezahlte Hungerlöhne, fehlende Lehrmittel und leere Bibliotheken) zu wünschen übrig läßt.
Ist es nicht erstaunlich, daß es in der DRKongo eine "Gesellschaft mit zwei Geschwindigkeiten" ("société à deux vitesses") gibt? Auf die Gefahr hin uns zu wiederholen, haben die einen die Möglichkeiten, sich im Ausland medizinisch versorgen zu lassen oder ihre Kinder wegen Schul- oder Unibesuchs dorthin zu schicken, während den anderen nur "Sterbehallen", anstelle von Krankenhäusern, Schulen und Unis, die diese Bezeichnung nicht verdienen, zur Verfügung stehen.
Diese manifeste Zweiteilung der Gesellschaft veranlaßt uns dazu, die Übergangsregierung zur Aktivierung von Initiativen im Sinne der Verbesserung der schulischen, universitären und medizinischen Infrastrukturen aufzufordern. Noch einmal: Wir sind durchaus nicht dagegen, daß diejenigen, die über finanzielle und andere Mittel verfügen - finanzielle und andere Mittel, die rechtmäßig erworben sind -, sich weiter im Ausland medizinisch betreuen oder ihre Kinder dort ausbilden lassen. Die anderen aber, denen solche Mittel fehlen, sollen die Möglichkeiten erhalten, sich im Land angemessen medizinisch behandeln zu lassen und ihren Kindern vor Ort eine adäquate Bildung anzubieten. Dies ist unsere Perspektive für die DRKongo.
Im gleichen Atemzug stellt sich überdies die Frage nach der Herkunft der Vermögen einiger Machtinhaber der Institutionen der Transition. Das, was bisher im Zusammenhang mit der Offenlegung ihres Besitzes geschehen ist, nämlich die Vorlegung eines geschlossenen Umschlages beim Parlamentspräsidenten, ist nicht genug. Der Inhalt dieses Umschlages muß bekannt gemacht werden, damit das kongolesische Volk über die Liste der gemeldeten Vermögen und besonders über deren exakte Herkunft informiert ist.
Eine andere Publikation der kongolesischen Presse, die unsere Aufmerksamkeit erregt hat, bezieht sich auf die ungewöhnliche Art, in der die Machtausübung in der DRKongo stattfindet. Gemeint ist hier die im letzten Dezember vom inzwischen entlassenen Sprecher des Staatspräsidenten im Osten des Landes durchgeführte Rundreise. Rundreise, über die die kongolesische Presse ausführlich berichtet hat. In Folge dieser medialen Agitation stellt sich die Frage nach dem exakten Inhalt der Rolle dieses Mitarbeiters des Staatschefs im Rahmen der Machtstruktur in der DRKongo und gegenüber seinen Amtskollegen sonst überall auf der Welt. Alles in allem ist er derjenige, dessen Funktion auf den Verkauf der politischen Aktionen seines Chefs - um nicht zu sagen auf die Rolle des "Bauchredners" - beschränkt ist. Ihm steht keine staatliche Macht zu. Das heißt, der Reise eines Sprechers, sei es die des Sprechers Staatspräsidenten, soll keine übermäßige Bedeutung beigemessen werden. Deshalb verdient sie keine Schlagzeilen in der Presse.
Berlin, den 21. Januar 2004