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Seit Beginn des neuen Schuljahres, am 05.09.2005, streiken die Lehrer der öffentlichen Schulen, zuerst, in Kinshasa und, einige Tage später, in den Provinzen der DR Kongo. Sowohl die protestantischen als auch die katholischen Schulen haben sich der Streikbewegung angeschlossen. Es ist auch die Rede von einer Beteiligung der Beamten und der Staatsbediensten. Verlangt wird die Umsetzung des zwischen den Partnern des Erziehungswesens abgeschlossenen "Abkommens von Mbudi" (2004). Diesem zufolge sollen die Staatsbediensten und Beamten zwischen 208 $ US (für Boten - einfacher Dienst) und 2080 $ US (für den Leiter des Amtes - höherer Dienst) monatlich verdienen.
Der Minister für das Schulwesen (primäre, sekundäre und berufliche Schulen) hatte kurz vor Beginn des Schuljahres eine Verordnung zum Verbot der Zahlung der sog. "Motivationsgebühren" seitens der Eltern erlassen. Es ist jedoch bekannt, dass mit Hilfe der letzteren die Lehrer zwischen 100 und 300 $ US zusätzlich verdienten und die Schulleiter zwischen 500 und 1.000 $ US extra nach Hause bringen konnten. Die jetzige Regelung bedeutet für sie ein Verdienstmanko, das nur durch die Umsetzung des "Arrangements von Mbudi" aufgehoben werden kann.
Es stellt sich demzufolge die Frage nach dem, was ein im öffentlichen Dienst tätiger Lehrer in der DR Kongo monatlich verdient. Ein Grundschullehrer verdient monatlich 14.245 FC (kongolesische Francs), ca. 31 $ US. Hinzu kommt eine ihm seit letztem Mai gewährte Prämie für Miete und Transport, je nach der Anzahl der Berufsjahre, in Höhe zwischen 3.000 und 5.000 FC (kongolesische Francs). Dies macht insgesamt 19.245 FC oder 42 $ US. Der Grundschuldirektor mit 30-jähriger Berufserfahrung bekommt im Monat 19.233 FC (41 $ US) plus 7.000 FC als Prämie für Miete und Transport. Sein monatlicher Bezug beträgt insgesamt 26.233 FC (57 $ US). In Sekundarstufe II sieht die Lage wie folgt aus: ein "graduierter Lehrer" (Absolvent einer Fachhochschule) bekommt monatlich ein Gehalt von 16.993 FC plus eine Prämie in Höhe von 3.610 FC oder 45 $ US. Ein Lizentiat (ein Uni-Abschluss, der in Deutschland nicht existiert und niedriger als ein Diplom ist) verdient monatlich 18.383 FC und hat Anrecht auf eine Prämie in Höhe von zwischen 4.500 und 7.695 FC. Das macht für denjenigen, der im höheren Dienst ist, 26.078 FC oder 57 $ US.
Die vorstehenden Beispiele zeigen auf, welche Beträge die Lehrer netto zur Verfügung haben, um mit ihren Familien zu leben. Fazit: "zu wenig zum Leben und zuviel zum Sterben". Daher lehnen sie es strikt ab, die Arbeit wiederaufzunehmen, solange der Beschluss "von Mbudi" nicht umgesetzt wird.
Während eines zum Beginn des Streiks stattgefundenen Gesprächs zwischen dem zuständigen Vize-Präsidenten für Wirtschaft und Finanzen, J.-P. Bemba (MLC), und einer Delegation von Schülern der Provinz-Stadt "Kinshasa" hatte der Vertreter der Regierung erklärt, dass es dem Staat an Geld fehle, um dem Verlangen der streikenden Lehrer und Beamten zu entsprechen. Da trotz der Verhaftung von zwei Vertretern der Gewerkschaft die Streikenden auf ihrer Position beharren, hat sich die Regierung, wie die Presse am Wochenende berichtete, zum Gespräch bereit erklärt. In diesem Sinne bietet die Regierung wesentlich geringere Gehaltserhöhungen an. Es ist sogar die Rede von einem Viertel dessen, was in dem o.g. "Abkommen" steht. Der Bote soll beispielsweise 21.950 FC, weniger als 50 $ US, im Monat bekommen. Am heutigen Montag wollen die Vertreter der Hauptgewerkschaften für Erziehung ihrer Basis Bericht über den neuen Vorschlag der Regierung erstatten. Man kann schon von der Beerdigung des "Abkommens von Mbudi" sprechen. Die Gewerkschafter wären gut beraten, auf den Druck auf die Regierung in Bezug auf ihre im Jahre 2004 mit Erfolg erzielte Gehaltserhöhung nicht zu verzichten. Dies gilt auch für die Forderung der Freilassung ihres inhaftierten Kollegen.
Wie wir aus der Hauptstadt, Kinshasa, erfahren haben, ist der Streik auch am gestrigen Montag fortgesetzt worden. Wobei hinzuzufügen ist, dass die Stimmung an der Basis gegenüber dem Angebot der Regierung eher negativ ist.
Obwohl die Staatskasse, so die Regierung in Kinshasa, leer ist, wurde Anfang letzter Woche bekannt, dass die durch das kongolesische Parlament in Japan für die Senatoren und Deputierten bestellten 620 Jeeps (Nissan) in Boma eingetroffen sind. Stückpreis: zwischen "16.000" und "20.000" $ US. Es gab dort sogar eine vom Präsidenten der Nationalversammlung organisierte Zeremonie zur Übergabe der Luxusautos und Verteilung der Bezinsbons an die "Frauen" und "Herren" Parlamentarier. Diesbezüglich und angesichts der manifesten Misere der kongolesischen Bevölkerung spricht man in den Straßen von Kinshasa sogar vom Zynismus und von einer ostentativen und geschmacklosen Provokation.
Wir sagen "zwischen "16.000" und "20.000" $ US" deshalb, weil die Angaben über den wahren Preis variieren. Während der erste Sprecher des Senats, Lambert Mende, vom 16.000 $ US spricht, avanciert sein Kollege, Kimasi, die Zahl von 18.000 $ US. Die belgische Firma, DEMIMPEX, die als Intermediär für die Beschaffung dieser Luxusautos diente, nennt den Betrag von 20.000 $ US. Ein Dissens existiert auch in Bezug auf die Eigenbeteiligung der Parlamentarier. Es wird einerseits von 500 $ US pro Person gesprochen, während andererseits die Rede von einjährigen Ratenzahlungen ist, die durch das "Übergangsgeld" der Parlamentarier finanziert wurden. Wie kann man über "Übergangsgeld" verfügen, solange man noch im Amt ist? Dies ist die Frage.
Wahr ist nur, und wir beziehen uns, obwohl wir davon überzeugt sind, dass ein Jeep (Nissan) ca. 40.000 $ US kostet, hier auf den durch die belgische Firma angegebenen Preis von 20.000 $ US, dass die kongolesische Staatskasse 12.400.000 $ US ausgeben muss, um die partikularen Interessen eines Teils der Bevölkerung, sprich nicht vom Volke gewählter Parlamentarier, zu befriedigen. Hinzu kommen die Transport- und Einfuhrgebühren. Und dies, in einem Moment, in dem die Lehrer und die Beamten um die Umsetzung des zwischen ihren Vertretern und dem Vize-Präsidenten für soziale und kulturelle Angelegenheiten sowie dem Minister für Schulwesen (Grund-, Berufs- und weiterführende Schule) abgeschlossenen "Abkommens von Mbudi" kämpfen. Es geht hier um die gerechte Verteilung des immer kleiner werdenden "nationalen Reichtums". Wahr ist auch, dass, die Parlamentarier nach dem Motto "sich bedienen anstatt dem Volk dienen" agieren.
Unglaublich aber wahr... Vor einigen Tagen hatte der Gouverneur der Zentralbank der DR Kongo vor der Presse in Kinshasa zugegeben, dass sich innerhalb der von ihm geleiteten Institution eine "mafiaähnliche" Gruppe konstituiert hatte, auf deren Konto das Verschwinden von über 1,5 Millionen $ US zurückgeführt wird. Die Verantwortlichen, fügte der Gouverneur der Zentralbank hinzu, wurden verhaftet und zu einer 24-monatigen Gefängnisstrafe verurteilt. Überall sonst in der zivilisierten Welt hätte der Leiter die Verantwortung für diese administrative Dysfunktion übernehmen und seine Kündigung anbieten müssen, da die Dysfunktion auf die Unfähigkeit seiner Amtsführung zurück geht.
Wir sind leider in der DR Kongo, und trotz des mangelnden Verantwortungssinnes amtiert er weiter.
Berlin, den 27. September 2005