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Die Frage ist der Titel einer durch SID (Society for International Development) und INISA (Initiative Südliches Afrika), am 01. Februar 2007, im AFRIKA HAUS (Berlin), organisierten Veranstaltung, an der ein Wissenschaftler (Prof. Schmidt, Stiftung Wissenschaft und Politik), ein Militär (General Viereck, Commander, EUFOR-RDKongo) und der Politiker (Hartwig Fischer, CDU, Mitglied des Bundestags, Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit) teilnahmen. Prof. Waller von SID hatte die Moderation inne.
Nach der Begrüßung und Presentation der Panelteilnehmer durch Prof Waller, meinte Prof. Schmidt, als erster Intervenierender, dass er sich mit dem Thema der Veranstaltung wissenschaftlich nicht beschäftigt. Als Basis seines Vortrages benutzte er seinen in "Internationale Politik" (November 2006) veröffentlichten Artikel mit dem Titel "Freiwillige vor!". Er stellte die Frage, ob es nicht zu früh sei, um über "Erfolg" zu sprechen. Er legte mit einigen statistischen Zahlen nahe, dass die Bundesrepublik Deutschland keine wirtschaftlichen Interessen im Kongo habe. Es bestehen auch keine "spezifische(n) historische(n) oder politische(n) Beziehungen". Dadurch erklärt sich, Prof. Schmidt zufolge, das Fehlen eines "materiellen Interesses an einem Einsatz im Kongo". Wohl aber existieren ein humanitäres und ein generelles Interesse an Stabilität im Kongo sowie ein Interesse daran, die EU als eine handlungsfähige Macht zu präsentieren. Er sprach vom Zögern seitens des deutschen Verteidigungsministers, ein Zögern, das auf verschiedene Gründe zurückzuführen war. Es gab keine Einigung weder über "einen konkreten Auftrag noch den nötigen Umfang der Streitkräfte". Großbritannien weigerte sich, die Einsatzführung zu übernehmen. Dies galt auch für Frankreich, das "sich im Hintergrund halten wollte". Seitens des Europäischen Rates fehlte die genaue Festlegung der Verteilung der Kosten. Hinzu kam die frühzeitige Ablehnung einiger Staaten, sich an dem Einsatz zu beteiligen. Daher, so Prof. Schmidt, konnte sich die Bundesrepublik der Führung der Operation nicht entziehen. Er kritisierte auch den "Verlauf des Entscheidungsprozesses im Vorfeld der Operation EUFOR-RDKongo", da sich die Bundesrepublik Deutschland einerseits auf der internationalen Bühne behaupten und andererseits die Operation innenpolitisch legitimieren musste. Er sprach in diesem Zusammenhang von "multilateralem Cäsarismus", der, fügte er hinzu, "eine der Kehrseiten des angestrebten Multilateralismus" sei: "Ein Führungsstil, der an die Stelle einer charismatischen Einzelperson an der Spitze, wie es für cäsaristische Herrschaftssysteme typisch ist, komplexe, multilaterale Aushandlungsprozesse zwischen Staaten und internationalen Organisationen setzt." Als Begründung dafür zeigte er die Abfolge des Entscheidungsprozesses auf - beginnend vom 12.12.2005 bis zum 1.6.2006 (Entscheidung des Bundestages. Bezüglich der im Thema der Veranstaltung gestellten Frage, ob dieser Erfolg wiederholbar sei, meinte Prof. Schmidt, dass diese Frage offen bleibe.
General Karlheinz Viereck, Operation-Commander, erinnerte eingangs an die 2005 abgeschlossene Europa-Afrika Partnerschaft, der zufolge Europa helfen muss, wenn es in Afrika Probleme gibt, die seine Intervention erfordern. Moralisch und militärisch war die Sicherstellung des Wahlprozesses in der DRKongo aufgrund dieser Partnerschaft legitim. Grundsätzlich meinte er, er habe als Militär einen Auftrag bekommen, den er durchzuführen hatte. Wegen der vorherigen Diskussionen in der deutschen Öffentlichkeit (Klima, Sprache, Kindersoldaten, AIDS...) begann der Einsatz mit "gemischten Gefühlen", auch da die Reaktion der kongolesischen Bevölkerung, die davon ausging, dass die europäische Truppenpräsenz nur die Wahl Kabilas sichern sollte, nicht vorauszusehen war. Sein Befehl an die intervenierenden Truppen war: Kontakte mit der Bevölkerung zu suchen und zu helfen, wo das möglich war, aber mit dem Hintergrund, dass, falls es zu Angriffen seitens der Bevölkerung käme, sofort der Lage entsprechend zu reagieren. Er gab zu, dass am Anfang des Einsatzes in Kinshasa eine skeptische Stimmung herrschte. Skepsis, die im Laufe der Zeit abnahm. Vor allem nachdem die EU-Truppen bei der Attacke der Republikanischen Garden (J. Kabila) gegen die Residenz J.P. Bembas, kurz vor Bekanntgabe der Wahlergebnisse der 1. Runde der Präsidentschaftswahlen (August 2006), sofort eingriffen. Dadurch wurde die Bevölkerung von der neutralen Position der EUFOR-Truppen überzeugt. General Viereck sprach mit Stolz von der gelungenen Logistik der Operation, vor allem bezüglich der Stationierung der Truppen und ihrer Verlegung zwischen Libreville (Gabun) und Kinshasa. Für ihn war der Einsatz der EUFOR-RDKongo ein militärischer Erfolg.
Mit dem ihm eigenen Engagement für Afrika im Allgemeinen und die DRKongo im Besonderen kritisierte Hartwig Fischer die Haltung der deutschen Presse - ausgenommen die "taz", die er als "nicht seine Zeitung" bezeichnete, und die "Neue Züricher Zeitung". Über die Situation in der DRKongo werde kaum berichtet. Er erinnerte daran, dass er seit seinem Einzug in den Bundestag (2002) fünf mal die DRKongo besucht hat, nicht nur Kinshasa sondern auch den Osten des Landes, wo es, auch nach dem Abschluss des Abkommens von Sun City (2003), Kämpfe gab (und noch immer gibt, die Redaktion). H. Fischer erwähnte seinen Besuch in einem Flüchtlingslager in Ituri, wo viele tausend Menschen untergebracht waren. Bei seinem 2. Besuch, einige Monate später, waren dort, nach dem Artemis-Einsatz (2003) und der Instandsetzung der Infrastruktur, nur noch 300 Menschen. Die große Mehrheit konnte in ihre Heimatorte zurückkehren. Die Operation Artemis war, seiner Meinung nach, die Voraussetzung für die Beteiligung der Bundeswehr an der EUFOR-RDKongo. Er widersprach der Einschätzung Prof. Schmidts, der die Meinung vertrat, dass die Entscheidung des Bundestages über den Einsatz der Bundeswahr nur eine Formalität war. H. Fischer bekräftigte, dass ohne die positive Entscheidung des Bundestages der Einsatz der Bundeswehr in der EUFOR-RDKongo nicht möglich gewesen wäre. Er zeigte sich zufrieden, dass, mit Hilfe der internationalen Gemeinschaft, die Wahlen in der DRKongo friedlich verlaufen sind. Er sprach von Interessen der Bundesrepublik in der DRKongo, aber diese Interessen müssen definiert werden. Zum Schluss erwähnte er noch mehrere neue Projekte, die für die DRKongo in Vorbereitung sind, und bot an, in einer weiteren Veranstaltung über die DRKongo und diese Projekte mit einer Power-Pointe-Präsentation zu berichten.
Alle drei Diskussionsteilnehmer waren übereinstimmend der Meinung, dass der Erfolg der Operation EUFOR nicht wiederholbar sei, da jeder Einsatz seine eigenen Besonderheiten habe. Der Einsatz in der DRKongo hatte die Sicherung der allgemeinen Wahlen zum Ziel. Dies ist z.B. nicht übertragbar auf Darfur, wo Kampfhandlungen und ein Völkermord stattfinden.
Die Diskussion fand in einer informativen Weise statt und wurde durch einen "Smalltalk" abgeschlossen.
Berlin, den 11. Februar 2007