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Wie inzwischen bekannt geworden ist, hat der kongolesische Generalstaatsanwalt in einem Brief an den provisorischen Vorstand des Senats die Aufhebung der Immunität des Senators Jean-Pierre Bemba beantragt. Das, was in diesem Zusammenhang in Erstaunen versetzt, ist, dass dieser Antrag nur einige Stunden nachdem Jean-Pierre Bemba die DR Kongo verlassen durfte, um sich in Portugal medizinisch behandeln zu lassen, gestellt wurde.
Warum hat der Generalstaatsanwalt vom 22. März bis zum 11. April 2007 gewartet, um seinen Antrag bzw. den Fall Jean-Pierre Bembas vor dem Senat zu bringen? Warum hat er seinen Antrag nicht gestellt, als sich Bemba noch auf kongolesischem Territorium befand? Es liegt nahe zu sagen, dass man hier versucht, die kongolesische Opposition zu "savimbisieren"1, zum Schweigen zu bringen. Das Klima der Unsicherheit, dem die politischen Vertreter der Union für die Nation und der Bewegung für die Befreiung Kongos, in der letzten Zeit ausgesetzt sind, spricht für sich. Als Protest dagegen haben sie ihre Teilnahme an der Arbeit des Parlaments suspendiert. Am Ende ihrer gestrigen Sitzung hat die Konferenz der im Parlament vertretenen politischen Gruppen den Vorstand der Nationalversammlung aufgefordert, alle Maßnahmen zu ergreifen, die zur Sicherung der Opposition notwendig sind.
Es stellt sich die Frage, ob der provisorische Vorstand des Senats berechtigt ist, das Verfahren einzuleiten, das zur Aufhebung der Immunität eines Senators - und in dem uns beschäftigenden Fall des Vorsitzenden der Bewegung für die Befreiung Kongos und der politischen Pattform "Union für die Nation" führt. Die kongolesischen Verfassungsrechtler sollten uns bei der Suche nach einer Antwort auf diese Grundsatzfrage helfen...
Dem Präsidenten der Bewegung für die Befreiung Kongos und der Union für die Nation werden folgende Straftaten vorgeworfen :
Es handelt sich hier um eine "Affaire", die einen Boomerangeffekt hat und zur Schädigung der politischen Position Kabilas als Staatspräsident und Führer der Allianz für die Präsidialmehrheit führen könnte. Ohne J.-P- Bemba entschuldigen zu wollen, ist an die Ansprache des belgischen Außenministers, de Gucht, in Kinshasa (10.04.07) zu erinnern, in der er die Verantwortung für die letzten militärischen Zusammenstöße in der kongolesischen Hauptstadt sowohl Kabila als auch Bemba zuschreibt. Einige Beobachter gehen noch weiter und meinen, dass sie beide von den "Treuhandmächten" als "Haupthindernisse für die Entstehung eines neuen Kongo" betrachtet werden.
Die Kampfhandlungen vom 22. und 23. März 2007 in Kinshasa zwischen der kongolesischen Armee und den Soldaten, die zum Schutz Bembas abkommandiert waren, wurden von Präsident Kabila initiiert, wie er in einer Pressekonferenz nach den Ereignissen von Kinshasa erklärte. Der kongolesische Staatspräsident tat dies trotz mehrerer Appelle, eine politische Lösung für das Problem der Reintegration der Garde Bembas in die kongolesische Armee zu finden. Man kann nicht die Initiative für militärische Operationen in der Hauptstadt eines Landes ergreifen, ohne zu riskieren, dass es dabei verletzte Zivilisten und Militärs, Verluste an Menschenleben, Zerstörungen an privaten und öffentlichen Gebäuden und Plünderungen gibt, vor allem in der DR Kongo, wo Plünderungen ein bekanntes und wiederkehrendes Phänomen darstellen.
Juristisch gesehen muss derjenige, der die Initiative ergreift, auch für deren Folgen die Verantwortung übernehmen. Der Versuch, die Verantwortung für die Konfrontationen vom März dieses Jahres demjenigen zuzuschieben, der laut einigen Beobachtern ihr Opfer wurde, bedeutet, man will ihn zum Schweigen bringen. Dies war auch der Fall mit der Initiative des Pastors Kutino, "Sauvons le Congo" (Retten wir den Kongo) und mit der unterlegenen Kandidatin bei der Präsidentschaftswahl, der Anwältin Marie-Thérèse Landu, die seit letztem Jahr unter unmenschlichen Bedingungen im Gefängnis von Kinshasa (Makala) festgehalten wird.
Die juristische Verfolgung J.-P. Bembas kann sich prinzipiell gegen ihre Initiatoren richten. Sie kann aber auch in der Tat dazu führen, dass der unterlegene Präsidentschaftskandidat, der 42 % der Stimmen erhalten hat und deshalb die politische Opposition im Parlament anführen sollte, zum Schweigen gebracht wird. Dadurch wird ihm die Rolle als Gegengewicht zur Macht genommen - eine Macht, die damit erste Zeichen eines Abgleitens Richtung Diktatur zeigt.
Hat man in beiden Lagern seine politischen Aktionen einer kühlen und notwendigen Analyse unterzogen ? Dies scheint nicht der Fall zu sein, wenn man die politischen Unschlüssigkeiten, Fehler und Schrecken, an die uns die kongolesiche politische Klasse gewöhnt hat, betrachtet.
Berlin, den 15.04.2007
1 Nach dem Namen des angolanischen Oppositionellen, Jonas Savimbi, nach dessen Ermordung die Opposition in Angola (UNITA) bedeutungslos wurde.