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Die seit einigen Monaten angekündigte und lange erwartete Regierungsumbildung in der DR Kongo hat stattgefunden. In der Nacht zum letzten Sonntag wurden die Namen der Minister bekannt gegeben.
Zuerst ist festzuhalten, dass die Anzahl der Regierungsmitglieder verringert wurde. Im Gegensatz zur ersten Regierung Gizengas mit 60 Ministern zählt die neue Regierung nur 45 Mitglieder. 10 "Neue Gesichter" sind in die Regierung eingetreten. Überrepräsentiert bleibt die dem Staatschef nahe stehende PPRD (Parti Populaire pour la Reconstruction et la Démocratie") mit 14 Ministern, gefolgt von der Palu, der Partei des Premierministers.
Diese Verkleinerung hat die Reduzierung der Anzahl der Staatsminister zur Folge: Anstatt 6 in dem vorgehenden Kabinett gibt es jetzt nur drei. Bemerkenswert ist auch die Fusionierung von ehemals 12 Ministerien zu jetzt 6 Ministerien. Dies wird, wie einige Beobachter ironisch meinen, zweifelsohne zur Reduzierung der Alimentierung der Minister führen.
Zur Erinnerung ist in diesem Zusammenhang zu erwähnen, dass beispielsweise die Regierung Lumumbas (1960), wie eine in Kinshasa publizierte Tageszeitung gestern schrieb, nur aus 11 Ministern und einem Staatssekretär bestand.
Eine Synopse der Mitglieder der umgebildeten Regierung zeigt, dass die wichtigsten Ressorts intakt geblieben sind, d.h. 3/4 der Minister haben ihre Posten anbehalten. Unter ihnen auch diejenigen, die in der Vergangenheit nicht besonders brilliert hatten. Dem Staatsminister des Inneren ist es nicht gelungen, die Staatsautorität im Osten des Landes herzustellen. Unter seiner Federführung, als zuständiger Minister für die Sicherheit, töteten Armee und Polizei Anfang des Jahres in der westlichen Provinz Bas Congo über 100 Mitglieder einer politisch-religiösen Sekte bei der Niederschlagung von Protesten gegen eine umstrittene Gouverneurswahl. Zu erinnern ist auch, dass sein Name in dem Bericht der UNO-Kommission zur illegalen Ausbeutung der Naturressourcen der DR Kongo (2001) zitiert wurde. Dem Verteidigungsminister ging es auch nicht anders. Er ist nicht in der Lage gewesen, die Besetzung eines Teils der Republik (in der Provinz Bandundu, Kahemba) durch die angolanischen Soldaten zu verhindern. Die Truppen des abtrünnigen Tutsi-Generals Nkundabatware setzen ihre menschenunwürdigen und bestialischen Aktionen im Osten des Landes fort.
Einige Beobachter der kongolesischen Politik fragen sich, ob der neue alte Premierminister in der Lage ist oder sein wird, das von ihm im Februar 2007 in seinem vor der Nationalversammlung angekündigte Programm (Verbesserung der Infrastruktur, Schaffung von Arbeitsplätzen, Reform des Bildungs- und Gesundheitssektors, Versorgung mit Wasser und Elektrizität) umzusetzen. Sie beziehen sich dabei auf sein legendär gewordenes Schweigen gegenüber den Ereignissen von nationalem Interesse in der letzten Zeit: die schon erwähnte Tötung der Demonstranten in Bas Congo, die massiven militärischen Auseinandersetzungen zwischen den Regierungstruppen und den zum Schutz des ehemaligen Vize-Präsidenten und Oppositionsführers Jean-Pierre Bemba abkommandierten Soldaten der kongolesischen Streitkräften, die militärische Situation im Nord-Kivu, die desolate soziale und ökonomische Lage der Bevölkerung etc.
In Bezug auf das quasi Grab-Schweigen Gizengas erinnere ich an die Zeit, als er als Regierungschef der "Volksrepublik Kongo" (1961) nach der Verhaftung und Ermordung Lumumbas in der Hauptstadt der Provinz Orientale (Stanleyville, heute Kisangani) etabliert war. Er brillierte durch eine unheimliche politische Abwesenheit. Weder verließ er seine Residenz, in der er durch eine Kohorte von schutzhelmtragenden und schreckerregenden Frauen geschützt war, noch gab er Erklärungen zu damaligen politischen Aktualitäten
48 Stunden nach der Bekanntgabe der Liste der neuen Regierung werden einige Stimmen laut - vor allem in den Reihen der dem Präsidenten Kabila nahe stehenden "Alliance de la Majorité Présidentielle". Es wird kritisiert, dass die Umbesetzung der Regierung ohne Vorgespräch zwischen den Koalitionären stattgefunden hat. Koalitionären, unter denen einige den Ausstritt aus der Regierungsmehrheit erwägen. Zu nennen wäre hier die "Mouvement social pour le Renouveau", die als 4. politische Kraft mit 24 Deputierten in der Nationalversammlung repräsentiert ist und deren Vorsitzender den Titel des Vize-Premierministers (vergleichbar dem Titel des Vize-Kanzler) verloren hat und protokollarisch auf den 12. Platz gerückt wurde.
Es wird bestimmt auch Enttäuschungen in den Reihen der parlamentarischen Opposition geben - insbesondere unter den Mitgliedern, die gehofft hatten, dass Präsident Kabila, den französischen Präsidenten Sarkozy nachahmend, auch oppositionelle Politiker in die Regierung berufen wird.
In der Tat entspricht diese Regierungsumbildung nicht den Erwartungen der kongolesischen Bevölkerung, die darauf gehofft hatte, dass neue Gesichter mit neuen Ideen und neuem Schwung in die Regierung aufgenommen werden. Vielleicht haben Premierminister Gizenga und Präsident Kabila nach dem Grundsatz "never change a winning team" gehandelt. War die erste Regierung Gizengas aber tatsächlich ein "winning team"?
Berlin, den 28.11.2007