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von Rafaela Bielecki-Weyenberg
Der Ostteil der Demokratischen Republik Kongo befindet sich auch zwei Monate nach den Erdbeben vom Februar 2008 in einem desolaten Zustand.
Dies ist auch nicht weiter verwunderlich, denn die Demokratische Republik Kongo und Ruanda waren bis 2003 in einen Krieg verwickelt, der mehr als 3,8 Millionen Menschenleben gefordert hat und auch heute noch sind die Auswirkungen dieses Krieges weiterhin deutlich spürbar: die Infrastruktur ist weitgehend zerstört, Hunderttausende wurden zu Flüchtlingen, Armut ist weit verbreitet.1 Nun wurden ausgerechnet diese beiden Länder zweimal hintereinander von schweren Erdbeben erschüttert.
Die Provinz Süd-Kivu im Ostkongo und die Regionen Rusisi und Nyamasheke in Ruanda wurden am 03. Februar 2008 von einem ersten Erdbeben mit einer Stärke von 6,1 auf der Richterskala erschüttert, am 15. Februar folgte dann ein zweites Beben mit der Stärke 5,4.2
Die Beben forderten zwar glücklicherweise nur eine relativ geringe Anzahl von Menschenleben (45 Tote in der Demokratischen Republik Kongo und Ruanda), es gab jedoch ca. 1.500 Verletzte und massive Gebäudeschäden, vor allem in der Provinzhauptstadt Bukavu im Ostkongo, die nur 25 km nördlich vom Epizentrum des Bebens lag.3
Einem OCHA-Bericht zufolge wurden in der Demokratischen Republik Kongo allein 3465 Gebäude schwer beschädigt bzw. 1087 Gebäude völlig zerstört, an 2077 weiteren und 301 öffentlichen Einrichtungen entstanden leichtere Schäden.2
Aber was bedeutet das für Bukavu? Es bedeutet, dass sich die ohnehin schon schwierige Situation für die Bevölkerung in dieser abgelegenen, kaum zugänglichen Stadt an der Grenze zu Ruanda noch weiter verschlimmert hat:
Einige Menschen haben über Nacht alles verloren. Einige Häuser, die nach dem ersten Beben schon schwere Schäden erlitten hatten, waren nach dem zweiten in einem noch schlechteren Zustand als zuvor oder völlig zusammengefallen.2
Vor den Beben hatte man sich jahrelang bemüht, die Schäden, die der Krieg hinterlassen hatte zu beseitigen: die Straßen, Schulen und öffentliche Gebäude wurden wieder instand gesetzt. Jetzt, nach den beiden Erdbeben, sind weite Teile der Stadt, Schulen und Wohngebiete am Kivu-See völlig verwüstet worden.
Zwar haben OCHA (Organization for the Coordination of Humanitarian Affairs), UNICEF, internationale Hilfsorganisationen und UN-Organisationen Nothilfe geleistet, die Betroffenen mit Nahrungsmitteln, Medikamenten und provisorischen Zeltunterkünften versorgt,2 aber das alles ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein und reicht nicht, um die massiven Schäden, die sich wohl im Millionenbereich bewegen, zu beseitigen.
Viele Häuser und Geschäfte sind zerstört. Für die meisten Betroffenen bedeutet das, dass sie sich wohl damit abfinden müssen, über längere Zeit in Provisorien untergebracht zu sein oder keine Existenzgrundlage oder keinen Arbeitsplatz mehr zu haben, denn Reparaturen dieser Größenordnung sind extrem teuer. Nur die wenigsten werden in der Lage sein, die dafür erforderlichen Mittel aufzubringen.
Besonders betroffen sind auch Schüler und Studenten. Einige größere Schulen wie Alfajiri und Gardienat sowie diverse Grundschulen wurden stark beschädigt. Einige Klassenräume sind nicht mehr benutzbar und der Unterricht kann so nur noch mit erheblichen räumlichen Einschränkungen fortgeführt werden.
Während es in Industrieländern in der Regel möglich ist, die Folgen von Naturkatastrophen aufzufangen - sogar wenn sich die Schäden durch Erdbeben wie erst kürzlich in Großbritannien auf ca. 20 Millionen Dollar belaufen5 - so ist ein Land wie die Demokratische Republik Kongo, dass eines der ärmsten Länder der Welt ist, mit so einer Situation völlig überfordert und auf externe Hilfe angewiesen.
Kriegsfolgen, kaputte Straßen, eine zerstörte Infrastruktur, noch immer in Flüchtlingslagern untergebrachte Kriegsflüchtlinge, Armut, Arbeitslosigkeit, all diese Faktoren führen auch heute noch - fünf Jahre nach dem Krieg - zu mehr als 1000 Todesfällen pro Tag durch Hunger.4 Flucht und Vertreibung machten es den Menschen unmöglich, ihren Lebensunterhalt zu sichern und Sozialsysteme europäischer Art gibt es in der Demokratischen Republik Kongo nicht. Die Arbeitslosigkeit ist hoch, Löhne und Gehälter sind niedrig und gewöhnlich ist es nicht leicht den Lebensunterhalt für sich und die Familie aufzubringen.
Vor diesem Hintergrund kann man sich vorstellen, was für eine Herausforderung die durch die Beben verursachten Schäden für die betroffene Bevölkerung darstellen, was es bedeutet, öffentliche Einrichtungen, Schulen, Wohnhäuser und Straßen wieder instand setzen zu müssen. Eine neue Wohnung finden zu müssen. Obdachlosigkeit. Trauma, Verletzungen und / oder der Tod von Freunden oder Familienangehörigen...
Um so erstaunlicher ist es, wie wenig Beachtung der Notlage dieser Menschen geschenkt wird und wie wenig in Europa über die Lage im Kongo bekannt ist. Einige Kurzmeldungen in der Zeitung. Im Radio oder Fernsehen wurden die Beben kurz erwähnt. Dann geht man wieder zur Tagesordnung über: die Börse, das Wetter, Sport...Der weiteren Entwicklung, dem andauernden Leid der Menschen zwei Monate später wird keinerlei Beachtung mehr geschenkt.
In der Demokratischen Republik Kongo, einem Land, das trotz seines Reichtums an Bodenschätzen zu einem der ärmsten Länder der Welt zählt, reichen die Mittel nur für die dringlichsten Instandsetzungsarbeiten wie z.B. Straßen und wichtige öffentliche Einrichtungen.
Aber was ist mit der Bevölkerung? Mit denen, deren Häuser unbewohnbar oder völlig zerstört sind? Mit den z.T. schwer beschädigten Schulen, die geringere Priorität haben, mit den Schülern, die längerfristig einen Unterricht unter extrem schlechten Bedingungen auf sich nehmen müssen?
Quellen: