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Die Liste der 3. Regierung der Dritten kongolesischen Republik wurde nach fast einmonatiger Wartezeit am 26.10.08 bekannt gegeben. Wobei hinzuzufügen ist, dass das vor der zweiten Runde der Präsidentschaftswahl zwischen der "Alliance pour la Majorité Présidentielle" und ihren politischen Partnern abgeschlossene Abkommen eingehalten wurde.
Zur Erinnerung: Diesem Abkommen zufolge übernimmt die zweitstärkste Partei in der Koalition die Leitung der Regierung - in diesem Fall, die Partei des zurückgetretenen Ministerpräsidenten Antoine Gizenga, "Parti Lumumbiste Unifié".
Geführt von Adolphe Muzito besteht die neue Regierung aus 54 Mitgliedern, darunter 3 Vize-Ministerpräsidenten, 37 Ministern und 14 Vize-Ministern. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang die Abschaffung der Posten der drei Staatsminister und der Staatsminister in Präsidial- und Regierungschefkanzleien der Regierung Gizenga. Eingeführt wurde die des Vize-Ministerpräsidenten.
Die 3 Vize-Ministerpräsidenten stehen jeweils dem Sozial-, Wiederaufbau- und Sicherheitsressort vor. Die kongolesische Tageszeitung, Le Phare vom 27.10.08, spricht von einer "neu zu experimentierenden 1+1+3 Formel", die aus dem Staatspräsidenten, dem Ministerpräsidenten und 3 Vize-Ministerpräsidenten besteht. Erinnert ist hier an die "1+4 Formel" (Staatspräsident und 4 Vize-Präsidenten) der Übergangszeit (2003-2006).
Hinzu kommt, dass sich die Zahl der Minister (von 33 auf 37) erhöht hat. 8 Minister bleiben im Amt, während 16 (Minister) neu ins Kabinett einberufen wurden. Andere bekommen neue Posten innerhalb der Regierung. 10 Minister verlassen die Regierung, unter ihnen der "einflussreiche" Innen-, Dezentralisierungs- und Sicherheitsminister, Denis Kalume Numbi, und der Verteidigungsminister, Tshikez Diemu.
Einige Beobachter führen die Abdankung Kalumes und Diemus auf ihre Unfähigkeit zurück, der Destabilisierung der Republik durch den abtrünnigen General, Laurent Nkundabatware, seinen Truppen und "unsichtbaren Paten" sowie verschiedenen Milizen im Osten des Landes ein Ende zu setzen.
In Anlehnung an die oben zitierten Tageszeitung ist zu fragen, ob es demnächst nicht zum Rollenkonflikt bzw. zur Rollenkonkurrenz innerhalb der Regierung kommen wird. Nehmen wir den Sozialsektor als Beispiel: Neben dem zuständigen Vize-Ministerpräsidenten für "Basisgrundbedürfnisse" - eine Innovation in der Bezeichnung der Ministerfunktion -, fungieren sechs Minister, die jeweils die Ressorts Landwirtschaft, Arbeit und Gesellschaftsvorsorge, ländliche Entwicklung, soziale Angelegenheiten, nationale Solidarität und humanitäre Hilfe und Gender, Familie und Kinder innehaben. Dies gilt auch für die Wiederaufbau- und Sicherheitsbereiche. Während das Wiederaufbauressort vom Vize-Ministerpräsidenten und einem Minister geführt wird, ist der Sicherheitssektor in Nationale Verteidigung, Inneres und Sicherheit geteilt, der wiederum von Vize-Ministerpräsidenten und zwei Ministern verwaltet werden.
Die neue Regierung hat viel Arbeit. Denn: Seit Ende August dieses Jahres gibt es heftige Kämpfe zwischen der kongolesischen loyalen Armee und den Truppen des abtrünnigen Generals Laurent Nkundabatware im Osten des Landes (Nord-Kivu). Den heutigen Presseberichten zufolge befinden sich letztere unweit der Provinzhauptstadt Goma, die sie innerhalb der nächsten Stunden erobern können, da die kongolesische Armee am letzten Mittwoch nach der Plünderung der Häuser und Geschäfte die Stadt (Goma) gen Bukavu (Hauptstadt der Provinz Sud Kivu) fluchtartig verlassen hat. Die Presse aus Goma berichtet über die von Nkundabatware (unilateral) verordnete temporäre Feuereinstellung.
Die Zahl der Binnenflüchtlinge nimmt zu. Die UNO-Flüchtlings-Agentur, UNHCR, erwartet in der nächsten Tagen 30.000 Menschen in ihrem Camp in Kibati (10 km von Goma). Seit Januar dieses Jahres beziffert sich die Zahl der Deplazierten auf 250.000 Menschen. In zwei Jahren, in denen die Kämpfe andauern, beträgt die Zahl der Binnenflüchtlinge 850.000 Menschen.
Hinzu kommen die sozialen Unruhen in verschiedenen Teilen des Landes. Hier und da wird gestreikt, während die Kaufkraft der Bevölkerung sinkt. Im gleichen Moment legen ostentativ die "Regierenden" ihr nicht immer auf legalem Weg erworbenen Reichtum dar.
Der Oberbefehlshaber der MONUC, der spanische General Vicente Dias de Villegas, ist nach nur zweimonatiger Amtszeit aus "persönlichen Gründen" vor drei Tagen zurückgetreten. Wenn man den diplomatischen Quellen Vertrauen schenken darf, liegt der Grund für seine Entscheidung auf den fehlenden Mitteln, die es die UNO-Mission in der DR Kongo hätten ermöglichen können, ihre Aufgaben optimal durchzuführen.
Das Verhältnis der dortigen Bevölkerung gegenüber der MONUC, der vorgeworfen wird, nichts für die Sicherung derselben zu tun, ist negativ und bleibt alarmierend...
Im gleichen Atemzug ist daran zu erinnern, dass der Sondervertreter des UNO-Generalsekretärs in der DR Kongo, Alan Doss, Anfang dieses Monats vor dem Sicherheitsrat der UNO zusätzliche Mittel und Truppen für die MONUC verlangt hatte. Erwähnenswert ist auch, dass das gestrige Treffen des UNO-Sicherheitsrats über die neue Lage im Osten der DR Kongo bis auf Bedauern gegenüber dem Wiederaufflammen der Kampfhandlungen keine Entscheidungen zur Folge hatte. All dies erinnert an die Situation in Ruanda in 1994, als die UNO trotz des sukzessiven Appells ihrer Mission (MINUAR) nichts unternommen hatte, um der spät erfolgte Genozid zu verhindern.
Der zu beobachtende (kleine) Unterschied besteht darin, dass die Truppen von Nkundabatware organisiert und motiviert sind, während den kongolesischen loyalen Streitkräften Organisation und Motivation fehlen. In diesem Zusammenhang spricht man auch von Korruption und nicht weiter geleiteten Solden und Prämien der sich an der Front befindenden Soldaten. Daraus folgend kann gesagt werden, dass die Eroberung der Hauptstadt von Nord Kivu in den nächsten Tagen stattfinden wird.
Was tut die sogenannte internationale Gemeinschaft? Die Frage bleibt offen... Die Lösung der Krise im Osten der DR Kongo setzt eine nationale und regionale Lösung - regionale Lösung im Sinne eines innerruandischen, innerugandischen und innerburundischen Dialogs -, voraus.