archiv.kongo-kinshasa.de ist eine Informationssite über die Demokratische Republik Kongo: Neben Seiten über das Land im allgemeinen und ein paar Fotos gibt es auch aktuelle Nachrichten und eine umfangreiche Sammlung von Dokumenten aus unterschiedlichen Quellen.
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Ich war in der U-Bahn, als mich meine weinende Freundin anrief, um mir die schaurige Information mitzuteilen: Sie hatte von der Ermordung unseres Freundes und meines Bruders Floribert Chebeya - Exekutivdirektor der Menschenrechtsorganisation "la Voix des Sans Voix" ("die Stimme der Stimmenlosen") -, erfahren. Floribert Chebeya, der während seiner vielen Besuche in Berlin immer unser Gast war. Wir verbrachten viele Stunden zusammen, um über die DR Kongo zu sprechen, das Land, in dem das Leben oder der Tod des ganzen Volkes einzig und allein vom Willen einer sogenannten, möchte-gern Politikerklasse abhängig ist, die durch obskure Kräfte eingesetzt wurde, die wechselvolle egoistische Interessen befehlen.
Was ich an Floribert immer bewundert habe, ist seine Ruhe sowie die Beherrschung seiner Stimme. Er hat sie niemals erhoben - auch nicht, wenn er über die grauenhaften Dinge, denen unsere Heimat zum Opfer gefallen ist, oder über die Schikane, die sein Leben als Aktivist der Menschenrechte in einem Land begleiteten, dessen Bezeichnung als "demokratisch" nur als Vorwand für eine grausame Diktatur und eine blutige Repression dient, sprach...
Mein letztes Treffen mit Floribert geht auf den Monat Dezember 2009 in Berlin zurück, wo er an einer durch das Ökumenisches Netz Zentralafrika organisierten Podiumsdiskussion teilgenommen hatte. Wir waren gegen 19 Uhr in seinem Hotel in der Nähe von Bahnhof Friedrichstrasse verabredet. Wir gingen in ein italienisches Restaurant, um über die aktuelle Situation in der DR Kongo zu sprechen. Es sollte das letzte Mal sein, dass ich Floribert physisch lebend gesehen hatte.
"Physisch lebend" deshalb, weil trotz seiner feigen Ermordung, Floribert Chebeya die Wiederspiegelung der Dignität, der Würde des kongolesischen Volkes weiter vertreten wird, Würde des Volkes, die durch diejenigen mit den Füßen getreten wird, die glauben, die Wirklichkeit in unserem Land zu kontrollieren, Würde des Volkes, die um jeden Preis wieder hergestellt und verteidigt werden muss.
Ich fragte ihn, ob er keine Angst um sein Leben und das seiner Familie hat. Lächelnd und mich fixierend sagte er mir mit einer ruhigen Stimme: "Lieber Paul, ich hatte zu Mobutus Zeit niemals Angst, zur Zeit Kabilas Senior auch nicht. Woher soll diese Angst heute kommen".
Damit wollte er zum Ausdruck bringen, dass es nachdem der Kampf für die Freiheit und für das Wohl des Volkes in Gang gebracht ist, es keine Rückkehr mehr gibt. Anderswo spricht man in diesem Zusammenhang von "sich für das Vaterland opfern".
Floribert ist und bleibt auf ewig lebend in meiner Erinnerung sowie in der aller, die ihn gekannt haben. Mit seinem vorzeitigen Sterben unter Bedingungen, die an einen Auftragsmord erinnern, gehört er zu den Frauen und Männern, die durch ihre Aktion, ihr Engagement für die Unterdrückten ihre Namen mit unauslöschlicher Schrift auf die lange Liste der Unsterblichen geschrieben haben.
Floribert Chebeya hat seinen Namen auf die Liste der kongolesischen Martyrer gesetzt, die ihr Leben für die Befreiung des kongolesischen Volkes von seinen Ängsten und von den Unterdrückungskräften geopfert haben, damit sich ein einiger und freier Kongo auf dem Boden unserer Vorfahren etabliert.
Es ist nach Mitternacht und es fällt mir schwer zu verstehen, dass das Leben einer Person beendet wird, deren Aktion ihr Ziel noch nicht erreicht hat: aus dem Kongo ein Land zu machen, in dem man ruhig leben kann, die Rechte von jedermann respektiert werden und die Sicherheit des Besitzes garantiert wird.
Lieber Floribert, wir werden Deinen ehrenvollen und noblen Kampf fortsetzen : Kampf, der darin besteht, denjenigen, denen man ihre Stimme entzogen hat, eine Stimme zu geben; ein Kampf für die Würde der Frauen und Männer; ein Kampf für die Wiederstellung der durch die Verfassung garantierten Rechte; ein Kampf dafür, dass diese mit Fußen getretenen Rechte wieder eine Realität auf dem ganzen nationalen Territorium werden.
Seiner Familie sprechen wir unser aufrichtiges Beileid aus. Seinen Mitstreitern wünschen wir den Mut, den Floribert immer wieder gezeigt hat. Wir sind und bleiben an ihrer Seite im Kampf um die Befreiung der Demokratischen Republik Kongo, damit sie ein wirklich demokratisches Land wird.
Der Kampf geht weiter...
Redaktion: www.archiv.kongo-kinshasa.de
Gertrud Kanu und Iseewanga Indongo-Imbanda