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Der Vorsitzende der Oppositionspartei, l'Union pour la démocratie et le progrès social“ (UDPS) und vom Rassemblement der Opposition, Etienne Tshisekedi wa Mulumba, ist am Mittwoch, den 01.02.17, in Brüssel infolge einer Lungenembolie gestorben. Und dies, in dem Moment als das kongolesische Volk das Ende der Diskussionen über die Modalitäten der Umsetzung des am letzten 31. Dezember zwischen der Opposition und der Präsidialmehrheit zutiefst erhofft. Abkommen, das den Weg der Übergangszeit öffnet, die zu legislativen und Präsidentschaftswahlen in der DR Kongo vor Ende des laufendes Jahres führen soll.
Der Tod desjenigen, den die Kongolesen „die Sphinx von Limete“ (Limete, ein Quartier von Kinshasa, wo sich die Residenz von Tshisekedi befindet) nennen, hat es ihm nicht ermöglicht, die allerletzte Schlacht bis zum Ende zu führen, die den erbitterten Kampf gegen die Herrschaft beenden sollte. Dennoch: Er ist mit der festen Überzeugung gegangen, dass sich das kongolesische Volk weiter auf dem Weg des Kampfes bewegen wird, den er ihm vorgezeichnet hat.
Das, was die Geschichte von „Ya Tshitshi“ (älterer Bruder, ein anderer Spitzname des kongolesischen Opponenten) behalten wird, ist seine Beständigkeit und die Verbundenheit seines Namen mit der Geschichte unseres Landes seit seiner Entlassung in die Unabhängigkeit.
Etienne Tshisekedi wa Mulumba ist in Kananga (Provinz Kasai-Occidental) in 1932 geboren. Er tritt der Partei von Patriece-Eméry Lumumba, „Mouvement National Congolais“ (MNC) in 1958 bei, Partei, die er in Begleitung von Albert Kalonji verlässt, der seine eigene Partei, „Mouvement National congolais/Flügel Kalonji“ (MNC/Kalonji) ins Leben ruft. Noch als Student an der Universität Ex-Lovanium von Léopoldville (heute Universität von Kinshasa, UNIKIN) ist er aufgerufen, dem durch Mobutu anlässlich seines ersten Staatsstreiches vom September 1960 aufgebauten Kollegium der Generalkommissare als stellvertretender Justiz-Generalkommissar anzugehören. Nach dieser kurzen Episode der Geschichte unseres Landes nimmt Etienne Tshisekedi wa Mulumba sein Studium wieder auf, das er mit dem akademischen Grad des Doktors der Rechtswissenschaft abschließt. Zwischen 1961 und 1965 ist er Rektor der „Ecole Nationale d'Administration“ (ENA), Amt, das er zugleich mit dem des Mitarbeiters der Zentralbank von Kongo versieht. Nach dem 2. Putsch von Mobutu am 25 November 1965 wurde er zum Innenminister ernannt, Stelle, die er anlässlich der Regierungsumbildung vom 16.08.1968 verlässt, um Justizminister zu werden. Ab 5. März 1969 ist er Minister für Planung und Forschung. Im September 1969 ist er zum Botschafter der Republik Zaire im Königreich von Marokko ernannt worden. Nach seiner Rückkehr nach Kinshasa im Februar 1971 gehört er zur Nationalversammlung, bei der er die Funktion des Vize-Vorsitzenden innehat. Nebenbei ist er auch der Vorsitzende der nationale Fluggesellschaft, Air Zaire.
Obwohl er lang und eng mit Mobutu zusammenarbeitete und zur Konsolidierung des Regimes der Staatspartei, Mouvement Populaire de la Révolution“ (MPR), beitrug, beginnt Etienne Tshisekei wa Mulumba, ab 1979 sich von Mobutu und seinem diktatorischen und entmenschlichenden Regime zu distanzieren, und gesellt sich zu einer Gruppe von Parlamentariern, die Anfang 1980 dem „Gründervorsitzenden“ einen offenen Brief adressiert, in dem sie die diktatorische Ausartung des Regimes und die Verschlechterung der Lebensbedingungen der Bevölkerung anprangern. Am 15. Februar 1982 gründen Etienne Tshisekedi und die Gruppe der Parlamentarier heimlich eine illegale politische Partei „l'Union pour la démocratie et le progrès social“ (UDPS). Die Folge ist bekannt: wiederholte Verhaftungen und Verurteilungen und Verbannung in ihre Abstammungsprovinzen. Dies war das Schicksal derjenigen, die in die Geschichte unter der Bezeichnung „die 13 Parlamentarier“ eingegangen sind. Folglich war die UDPS 1987 dazu gezwungen, als ein Flügel der „Mouvemenet Populaire de la Révolution“ zu fungieren.
Nachdem Mobutu nach dem Ende des Kalten Krieges gezwungen war, das Mehrparteiensystem einzuführen, wurde Etienne Tshisekedi wa Mulumba am 29. September 1991 zum Premierminister ernannt. Seine Regierung wird am 1. November 1991 entlassen. Die Nationalkonferenz wählt ihn wieder zum Premierminister und er wird diese Funktion nur bis zum 20. März ausüben, Datum, an dem Mobutu den Finanzminister in dieser Regierung Tshisekedi, Biridwa, zum Premierminister ernennt. E. Tshisekedi widersetzt sich seiner Entlassung, mit der Folge, dass es 2 kongolesische Regierungen ab Anfang 1994 gab. Nachdem die Truppen von Laurent-Désiré Kabila den großen östlichen Teil des Landes erobert hatten, wird Etienne Tshisekedi, für 7 Tage, zum dritten Mal Premierminister, aber wie zuvor ohne Machtbefugnisse. Nachdem die Truppen von Laurent-Désiré Kabila, die „Allianz der demokratischen Kräfte für die Befreiung Kongo/Zaire“ (AFDL) Mobutu aus der Macht vertrieben hatte und sich Laurent-Désiré Kabila im Mai 1997 Staatsoberhaupt autoproklamiert hatte, setzte Etienne Tshisekedi seine Opposition gegen ihn und später gegen Joseph Kabila fort, der unter den bekannten Bedingungen nach der Ermordung seines Vaters in 2001 an die Macht kam.
Im Gegensatz zu 2006, wo Etienne Tshisekedi wa Mulumba nicht zur Präsidentschaftswahl kandidierte und den Mitgliedern seiner Partei verbot, sich registrieren zu lassen und an den Wahlen teilzunehmen, ist er 2011 Kandidat für die Präsidentschaftswahl, am Ende derer Jospeh Kabila zum Sieger erklärt wird. Er erkannt die Ergebnisse dieser Wahl nicht an, die er im Gleichklang mit den kongolesischen und ausländischen Beobachtern als „der Wahlwahrheit nicht konform“ bezeichnet, und organisiert die Vereidigungszeremonie vor seinen Anhängern in seiner Residenz von Limete, nachdem die Behörden der Hauptstadt es abgelehnt haben, dass er sie im Stadion der Martyren in Kinshasa veranstaltet.
Im Juli 2016 wurde eine neue politische Struktur in Genval, bei Brüssel, durch eine Gruppierung der politischen Oppositionsparteien und der Zivilgesellschaft, „le Rassemblement de l'Opposition“ ins Leben gerufen, dessen Weisenrat Etiennen Tshisekedi wa Mulumba vorsteht.
Während das Rassemblement der Opposition es abgelehnt hatte, an dem unter der Mediation des ehemaligen togolesischen Premierministers, Edem Kodjo, organisierten Dialog der Cité de l'Unioin africaine teilzunehmen, war das Rassemblement präsent bei dem unter der Ägide der kongolesischen Nationalbischofskonferenz stattgefundenen Dialog, dessen zweite Phase, die aufgerufen ist, über die Modalitäten der Umsetzung des zwischen der Opposition und der Präsidialmehrheit ausgehandelten politischen Abkommen zu diskutieren, Etienne Tshisekedi wa Mulumba zum Vorsitzenden des Nationalrates zur Überwachung der Umsetzung des Abkommens vom 31. Dezember 2016 designiert hat. Krank und geschwächt konnte Etienne Tshisekedi wa Mulumba nicht auf seine faktische Bestallung auf diese Position warten, die am 26. Februar vorgesehen ist.
Heute, nach dem Tod der „Sphinx von Limete“ fühlen sich Mio. von Kongolesen als Waisen, und die Opposition ist mehr denn je geschwächt. Die Frage, die sich stellt, ist, ob Etienne Tshisekedi wa Mulumba, der seit Jahrzehnten ein Mythos in den Augen von vielen Kongolesen war, nach seinem Tod neue Berufungen weiter inspirieren kann kann. Eine zweite Frage ist die in Bezug auf die Anwendbarkeit des politischen Abkommens vom 31. Dezember 2016 und die Durchführbarkeit der Wahlen vor dem Ende des Jahres 2017.
Ich geselle mich ohne Vorbehalte zu allen, die an die politischen Akteure appellieren, alle Hebel in Bewegung zu setzen, um das Abkommen vom 31. Dezember umzusetzen, um den Kampf von „Ya Tshitshi“ zu ehren und den Willen des kongolesischen Volkes für die Alternanz zu respektieren, die kein Fremdwort in unserem Land bleiben soll.
Berlin, den 7.2.2017