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Vorweg ist zu bemerken, dass die Aufstellung der Regierung von Bruno Tshibala vor dem Hintergrund eines Protestes stattfand. Mit Buhrufen und Pfiffen haben die National-Deputierten des Rassemblement der Opposition ihre Ablehnung der Regierung von Bruno Tshibala zum Ausdruck gebracht. Dadurch wollten sie gegen die Abweisung des Antrags eines ihrer Kollegen protestieren, der dazu aufrief, diese Regierung nicht aufzustellen, da die Ernennung Tshibalas das Abkommen vom 31. Dezember 2016 verletzt. Die Anspannung, die auf diese Ablehnung zurückgeht, hat ca. 30 Minuten gedauert. Um die Opposition dafür zu bestrafen, ist das Signal der öffentlichen Radio- und Fernsehstation (RTNC) unterbrochen worden, die das Ereignis direkt übertrug. Einige Minuten später war es das der RTNC3, institutioneller Kanal genannt. Ohne die National-Deputierten des Rassemblement ist die Sitzung einige Stunden später fortgesetzt worden.
Erst nach über einem Monat nach der Ernennung von Bruno Tshibala zum Premierminister am 07.07.17 ist seine Regierung am Dienstag, den 16.05.17, durch die Nationalversammlung aufgestellt worden. Sie besteht aus 59 Mitgliedern, also 4 mehr als es im Abkommen vom 31. Dezember 2016 vorgesehen ist: 3 Vize-Premierministern, 9 Staatsministern, 35 Ministern und 11 Vize-Ministern.
Der Anteil der Frauen beträgt 10 %. Verschiedene kongolesische Frauenorganisationen haben die Gelegenheit wahrgenommen, um gegen ihren Ausschuss aus den Entscheidungstragenden Institutionen, aus dem Machtsystem des Landes zu protestieren.
Der Regierungschef hat auch das Programm seiner Regierung vorgestellt, das sich auf vier Prioritäten richtet, die aus dem am 31.12.2016 unterzeichneten Abkommen hervorgehen: Organisation der Wahlen in den vereinbarten Fristen, Stabilisierung und Wiederbelebung der Nationalökonomie, Verbesserung der Lebensbedingungen der Bevölkerung sowie die Wiederherstellung der Sicherheit der Personen und ihrer Güter.
Hinsichtlich der Wahlen hat Bruno Tshibala versprochen, „dem kongolesischen Volk die besten Wahlen der Geschichte des Landes zu offerieren“. Er macht darauf aufmerksam, dass die Organisation von glaubwürdigen, transparenten und friedlichen Wahlen zum wesentlichen Ziel hat, die Frage der Legitimität der Institutionen der Republik zu lösen. Er plädiert für die Rationalisierung des aktuellen Wahlmodus, indem er eine Schwelle für das Wahlrecht von 5 auf 10 % einführen will. Dies veranlasst zahlreiche Experten zu der Aussage, dass dieser Vorschlag ein unmögliches Unterfangen bleibt. Dies gilt auch für die anderen Innovationen, die er vorhat, mit dem Wahlsystem durchzusetzen.
Er verspricht, mehrere Aktionen zu initiieren, um die lokale Produktion wieder anzukurbeln und das Geschäftsklima hinsichtlich der Stabilisierung und des Wiederankurbelns der Nationalökonomie zu verbessern“, ohne die Details anzugehen.
Was die Verbesserung der Lebensbedingungen der Bevölkerung anbetrifft, behält sich Bruno Tshibala vor, trügerische und nicht-realisierbare Versprechungen zu unterlassen. Er ruft die Kongolesen zu Opfern auf, um das Land aus der Krise herauszuführen.
Auf der Sicherheitsebene verpflichtet sich der neue Regierungschef auch, Aktionen durchzuführen, um die Sicherheit der Personen und ihrer Güter in den Provinzen Kasai, Kasai-Central, Tanganjika und in anderen Provinzen des Landes wieder herzustellen.
Einige Mitglieder der Nationalversammlung bezeichnen das Regierungsprogramm als einen „Katalog von guten Vorsätzen“.
Viel Aufwand, wenig Ergebnis, wenn man insbesondere die zwei unter der Mediation des ehemaligen togolesischen Premierministers, Edem Kodjo, und der Ägide der Nationalbischofskonferenz von Kongo durchgeführten Verhandlungen der letzten 6 Monate in Betracht zieht. Hinzu kommt, dass fast 40 Mitglieder der vorhergehenden Regierung von Samy Badibanga im Amt geblieben sind – abgesehen davon, dass die Schlüsselressorts – Innen, Außenangelegenheiten, Justiz, Finanzen, Bergbau, Öl, Verteidigung und Information -, in den Händen der Präsidialmehrheit geblieben sind.
Prof. Félicien Kabamba, Forscher im Zentrum für politische Studien an der Universität von Kinshasa (UNIKIN), meint, dass die Präsidialmehrheit angesichts der politischen Konjunktur und der kommenden Wahlen am Ende dieses Jahres, so das Silvesterabkommen, ihre Gründe hat, diese wichtigen Ministerien zu behalten.
Indiskutabel ist, dass die Regierung von Bruno Tshibala das Abkommen vom 31. Dezember 2016 verletzt, das die Machtteilung bis zu wahrscheinlichen Wahlen vor Ende dieses Jahres kennzeichnet. Sie ist auch nicht inklusiv, weil das Rassemblement der Opposition dort nicht repräsentiert ist. Sie respektiert auch das partikulare Arrangement nicht, das es ermöglichen soll, dieses Abkommen umzusetzen. Erwähnenswert ist auch, dass das Rassemblement der Opposition das modifizierte partikulare Arrangement nicht unterzeichnet hat - „modifiziert“, weil es von dem im Rahmen der Diskussionen unter der Ägide der CENCO vereinbarten Text abrückt.
Das Rassemblement der Opposition und ein Großteil der Zivilgesellschaftsorganisationen, die an den Diskussionen unter der Leitung der kongolesischen CENCO-Bischöfe teilgenommen hatten, bezeichnen die Aufstellung der Regierung von Bruno Tshibala durch die Nationalversammlung als ein „Nicht-Ereignis“, da sie sich nicht an Geist und Buchstaben sowohl des Silvesterabkommen als auch des partikularen Arrangements hält. Laut diesen 2 Texten soll der Premierminister der Übergangszeit dem Staatschef durch den Vorsitzenden des Nationalrates zur Überwachung des Abkommens (CNSA) zwecks Ernennung vorgestellt werden. Bruno Tshibala aber ist durch den abtrünnigen und außerhalb des Rassemblent der Opposition proklamierten CNSA-Vorsitzenden, Olenghankoy, Joseph Kabila zur Nominierung als Premierminister vorgeschlagen worden.
Aus sowohl seiner politischen Partei, UDPS, und dem Rassemblement ausgeschlossen, wird der Regierungschef, Bruno Tshibala, im Falle eines Konflikts mit dem Staatschef oder der Präsidialmehrheit ohne jegliche politische Unterstützung da stehen. Damit ist gemeint, dass die Frage, ob Bruno Tshibala unter diesen Umständen die politischen Handlungsmöglichkeiten hat, beantwortet ist...
Eine andere Frage, die sich angesichts der Umstände, die seiner Nominierung vorangegangen sind, und der Ablehnungswelle, die sie im Ausland – insbesondere bei den Vereinten Nationen, der EU sowie in verschiedenen westlichen Hauptstädten (Paris, Brüssel, Washington, London) hervorgerufen hat -, ist die in Bezug auf die Langlebigkeit seiner Regierung. In diesem Zusammenhang sind einige Beobachter sogar der Meinung, dass Bruno Tshibala auf einem Schleudersitz sitzt und im Gegensatz zu der ihm zugeteilten Mission die Wahlen nicht organisieren wird. Alle ahnen den kurzlebigen Charakter seines Mandats voraus, und zwar im Hinblick auf die Zunahme - auf der Ebene des UN-Sicherheitsrates, der EU, der amerikanischen, belgischen, französischen, britischen und anderen Behörden -, der Aufrufe zum strikten Respekt des Geistes und des Buchstabens des Abkommens vom 31. Dezember 2016, aber auch zu seiner Umsetzung unter Berücksichtigung der konsensuellen Kriterien zur Designation des Premierministers und des Vorsitzenden des Nationalrates zur Überwachung des Silvesterabkommens.
Berlin, den 29.5.2017