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8.1.2008 taz Ausland 101 Zeilen, DOMINIC JOHNSON S. 10
Die Beratungen über Frieden im Osten des Kongo beginnen mit großen Reden und großen Schwierigkeiten. Einige Delegierte drohen mit Boykott und wollen den Konferenzort Goma wieder verlassen. Doch die landesweiten Erwartungen sind hoch
VON DOMINIC JOHNSON
"Die Stunde des Friedens hat geschlagen", sagte Apollinaire Malu-Malu, "wir müssen den Lauf der Geschichte verändern." Die großen Worte des Leiters der Friedenskonferenz für die Kivuprovinzen im Osten der Demokratischen Republik Kongo bei deren Eröffnung am Sonntag passten zum feierlichen Anlass: Über 600 Delegierte aus Ostkongo und aus Kongos Hauptstadt Kinshasa drängelten sich in der Freien Universität (ULPGL) der Stadt Goma in der Provinz Nordkivu. Sie sollen bis zum 14. Januar über die Ursachen und Lösungen der Kriege beraten, die die Provinzen Nordkivu und Südkivu seit fast 15 Jahren heimsuchen.
Kongos Innenminister Denis Kalume, Leiter der Regierungsdelegation, sagte: "Der Kongo ist heute weitgehend friedlich und steht vor großen Wiederaufbauarbeiten. Aber solange Kivu nicht zum Frieden gefunden hat, ist der ganze Kongo nicht befriedet."
Kongos Regierung hatte die Konferenz einberufen, nachdem sie im Kampf gegen Rebellen des Tutsi-Generals Laurent Nkunda in Nordkivu Mitte Dezember eine Niederlage erlitten hatte. Eine Gruppe von aus Kivu stammenden Parlamentsabgeordneten und Zivilgesellschaftsaktivisten in Kinshasa hatte daraufhin die Regierung dazu aufgerufen, eine friedliche Lösung zu suchen. Beide Seiten haben inzwischen eine Feuerpause erklärt.
Dass die Konferenz überhaupt angefangen hat, ist schon ein großer Erfolg, denn die Probleme sind immens und vielfältig. Kongos katholische Bischofskonferenz hat sich skeptisch geäußert. Mehrere lokale ethnische Verbände, wie die Interessengemeinschaft des Nande-Volkes - größte Ethnie von Nordkivu - lehnen die Beratungen ab, weil sie gegen Verhandlungen mit Nkundas Rebellen sind. Die sind mit elf Delegierten auf der Konferenz aufgetaucht, erwarten aber keine Ergebnisse. Aus ihrer Sicht muss erst das Problem der Anwesenheit ruandischer Hutu-Milizen im Ostkongo gelöst werden, und die sind gar nicht da.
Die Zivilgesellschaft der Provinz Südkivu verkündete gleich nach den Auftaktreden einen Boykott, weil sie zu wenig Delegierte zugesprochen bekommen habe. Die traditionellen Führer und Könige Nordkivus wollen ebenfalls wieder gehen, wenn sie nicht in den Hauptsaal gelassen werden, wo die wichtigsten Teilnehmer sitzen - alle anderen sind in anderen Räumen vor Lautsprechern platziert. Gestern suchten noch zahlreiche Delegierte in Goma nach freien Hotelzimmern. Die Konferenzräume waren leer, weil alle Teilnehmer sich erst einmal in einem Büro der Wahlkommission im Zentrum von Goma registrieren müssen. Es gab auch noch keine endgültige Teilnehmerliste und Tagesordnung.
Die landesweiten Erwartungen sind groß. In mehreren Städten des Kongo fanden am Sonntag Demonstrationen für Frieden in Kivu statt. Und Kongos greiser Premier Antoine Gizenga spendete in Kinshasa die Hälfte seines Monatsgehalts für humanitäre Hilfe in Kivu, als Auftakt einer nationalen Solidaritätsbewegung.