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28.11.2008 taz Nr. 8747 Ausland 145 Zeilen, DOMINIC JOHNSON S. 11
In Australien wird die weltgrößte Tantalmine geschlossen. Nun dürften umstrittene Tantalerze aus dem Osten der Demokratischen Republik Kongo bald wieder eine Rolle auf dem Weltmarkt spielen
VON DOMINIC JOHNSON
Das umstrittenste Bergbauprodukt der kriegsgeschüttelten Demokratischen Republik Kongo steht vor einer Renaissance. Es geht um die Erzmischung "Coltan" aus Tantal- und Nioberzen, deren Förderung im Ostkongo in den Jahren 2000 und 2001 als konfliktfördernd identifiziert worden war. Seitdem hat kongolesisches Coltan auf dem Weltmarkt kaum noch eine Rolle gespielt. Aber Anfang Dezember schließt die größte Tantalmine der Welt, Wodgina in Australien, wie der Betreiber Talison am Mittwoch ankündigte. Wodgina lieferte bislang 30 Prozent der Weltproduktion. Die erwartete Verknappung dürfte den Kongo erneut interessant machen.
Die Bergbaufirma Talison begründete die Schließung mit Kostendruck seitens der Elektronikindustrie. "Dies favorisiert erhöhte Tantallieferungen aus Zentralafrika, besonders aus der Demokratischen Republik Kongo", erklärte die Firma. "Tantalum aus Zentralafrika ist zu relativ niedrigen Preise erhältlich, weil es oft illegal gefördert wird oder ohne Ansehen von Gesundheits-, Sicherheits-, Umwelt- und Arbeitsbedingungen." Damit könne man nicht konkurrieren. Aber: "Ohne Talison wird die Mehrheit des Tantals der Welt von irregulären und unverlässlichen Lieferanten kommen, viel davon aus dem Kongo", so Geschäftsführer Peter Robinson.
Die globale Tantalumproduktion lag 2006 und 2007 nach US-Angaben bei jeweils 1.400 Tonnen, davon 850 aus Australien und 250 aus Brasilien. Andere wichtige Förderländer sind Kanada, Äthiopien, Mosambik und Ruanda. 2008 nahm der Anteil Afrikas an der Förderung stark zu. Die jetzt umkämpfte ostkongolesische Provinz Nord-Kivu exportierte nach Angaben der Exportkontrollbehörde CEEC 2007 74,2 Tonnen Coltan im Wert von über einer halben Million Dollar, vieles davon aus anderen Provinzen im Transit. Das meiste Coltan des Kongo stammt heute nicht aus Ostkongo, sondern von Kleinschürfern auf dem Gelände der bankrotten Staatsfirma Congo-Étain um Manono im Norden der Provinz Katanga.
Der Weltmarktführer bei der Verarbeitung von Tantalerzen, H. C. Starck in Goslar, bedauerte gestern die Schließung der Mine Wodgina und wies ebenfalls auf den Konkurrenten Kongo hin. "Seriöse Unternehmen wie Talison" könnten nicht mit Kongos "skrupellosen Händlern" konkurrieren, sagte Heinz Heumüller, Vorsitzender der Starck-Geschäftsführung. Das Unternehmen, das 2007 von Bayer an die US-amerikanische Carlyle Group verkauft wurde, war 2001 bis 2002 als Hauptabnehmer von Coltan aus dem Kongo in Verruf geraten. Daraufhin stellte Starck seine Einkäufe aus Zentralafrika ein und schloss einen exklusiven Liefervertrag mit Sons of Gwalia in Australien, Vorläuferfirma von Talison. Dieser Vertrag läuft jetzt aus. Talison will ab 2009 eine Preiserhöhung von 80 Prozent durchsetzen; es gibt Mutmaßungen, wonach die Schließung der Mine Wodgina dazu als Druckmittel dienen soll.
Australien könnte sich damit aber auch ins Abseits stellen. Vor allem China stelle schon seit 2007 auf Quellen aus Ruanda und Kongo um, berichtete im Juli der Marktanalytiker Denis Zogbi. "Amerikanische und deutsche Hersteller haben diesen Luxus nicht", schrieb er. H. C. Starck will sein Tantalerz in Zukunft aus Ägypten beziehen und schloss letzte Woche einen Zehnjahresliefervertrag mit den ägyptisch-australischen Betreibern der in Erschließung befindlichen ägyptischen Tantalmine Abu Daddab.
Weiter läuft nächstes Jahr in Ruanda und Kongo ein Zertifizierungsprogramm der deutschen Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) an, das per Herkunftsnachweis kongolesisches und ruandisches Tantalerz sauber voneinander unterscheiden soll. Das soll die Vorkommen dieser Länder unbedenklich für europäische Ankäufer machen. Hoffnungen darauf im Kongo macht sich die kanadische Firma Shamika Resources, die dieses Jahr Förderrechte auf sämtliche Tantalförderstätten um Manono sowie um Kalehe, Nyabibwe und Masisi in den Kivu-Provinzen erworben hat.
"Die größte Herausforderung ist, zu verhindern, dass Mineralien aus Minen unter militärischer Kontrolle während des Transports mit Mineralien aus sauberen Quellen vermischt werden", warnt Weltbankberater Nicholas Garrett. Allerdings wird dies Ostkongos mittellose Bauern nicht daran hindern, in die Minen zu gehen, sobald sich damit wieder Geld verdienen lässt.