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13.10.2010 taz Nr. 9316 Meinung und Diskussion 60 Zeilen, DOMINIC JOHNSON S. 12
DOMINIC JOHNSON ÜBER DIE VERHAFTUNG DES MILIZENCHEFS MBARUSHIMANA
Die Verhaftung des ruandischen Hutu-Milizenführers Callixte Mbarushimana in Paris ist sensationell, und zwar gleich in mehrfacher Hinsicht. Jahrelang galt Frankreich als sicheres Aufnahmeland für flüchtige ruandische Völkermordverbrecher und ihre politischen Freunde. Immerhin hatte das Land die für den Genozid an Ruandas Tutsi verantwortliche Armee maßgeblich mit aufgebaut und aufgerüstet. Es war kein Zufall, dass mit Mbarushimana der Exekutivsekretär der Demokratischen Kräfte zur Befreiung Ruandas (FDLR), die politische Organisation dieser Kräfte, von Paris aus agierte. Jetzt aber scheint diese fatale französische Kumpanei mit Mördern ein Ende zu finden.
Für den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag ist der Fall Mbarushimana Neuland. Es ist Den Haags erster Haftbefehl wegen Kriegsverbrechen in den ostkongolesischen Kivu-Provinzen, eines der schlimmsten Kriegsgebiete der Welt. Sich in den Sumpf rivalisierender Geschichtsinterpretationen im Afrika der Großen Seen hineinzubegeben, ist ein riskantes Unterfangen. Es bleibt zu hoffen, dass Den Haag das diesmal besser meistert als seine bisherigen Kongo-Fälle.
Eine Schlüsselrolle kommt dabei Deutschland zu. Schwäbische Behörden machten mit der Verhaftung des Präsidenten und Vizepräsidenten der FDLR im November 2009 in Baden-Württemberg den Anfang. Die Häftlinge Ignace Murwanashyaka und Straton Musoni, die von Deutschland aus jahrelang den Krieg ihrer Miliz im Kongo befehligten, sind mittlerweile gemeinsam mit Mbarushimana die Schlüsselfiguren bei der juristischen Aufarbeitung der Gewalt im Ostkongo.
Die deutsche Justiz sollte jetzt in enger Absprache mit Paris und Den Haag arbeiten. Das wäre ein seltenes, aber um so vorbildlicheres Beispiel internationaler Kooperation, ohne die auch in anderen Weltregionen die Aufarbeitung von Menschheitsverbrechen nicht gelingen kann.