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11.7.2012 taz Nr. 9849 Meinung und Diskussion 60 Zeilen, DOMINIC JOHNSON S. 12
Dominic Johnson über das Kindersoldaten-Urteil des Strafgerichtshofs
Vorbildcharakter sollte es haben, das allererste Verfahren vor dem Internationalen Stafgerichtshof in Den Haag. Und vorbildlich gelaufen ist der Prozess gegen den kongolesischen Warlord Thomas Lubanga, der gestern zu Ende ging. Lubanga wurde zu 14 Jahren Haft verurteilt.
Mehrfach wäre der Prozess wegen gravierender Verfahrensfehler fast geplatzt. Die Methoden der Anklage wurden zu Recht gerügt und führten zu langen Unterbrechungen. Die Richter hoben gestern hervor, dass, anders als die Anklage, der Angeklagte immer mit dem Gericht kooperiert habe. Sie verurteilten Lubanga wegen des Einsatzes von Kindersoldaten zur Hälfte der vom Chefankläger Luis Moreno Ocampo geforderten Höchststrafe von 30 Jahren. Unter Anrechnung der Untersuchungshaft ist Lubanga damit im Jahr 2020 wieder frei.
Gerade weil Den Haag sich nicht zu einem emotional begründeten Höchsturteil – Stichwort Kindersoldaten! – hinreißen ließ, ist dieser Prozess wegweisend. Er zeigt, wie wichtig es ist, dass Richter sich nicht vom weltweiten Erwartungsdruck, der auf ihnen lastet, zu unsachlichen Entscheidungen hinreißen lassen. Chefankläger Luis Moreno Ocampo, dessen Plädoyer der letzte große Auftritt vor seinem Abtritt nach zehn Jahren im Amt war, steht hingegen nicht mehr im allerbesten Licht dar.
Im Grunde gestand Moreno Ocampo sein Scheitern ein. Er bat in seinem Abschlussplädoyer Lubanga, er möge seine „Führungsposition“ geltend machen, um zukünftige Generationen im Kongo über die Bedeutung des Strafgerichtshofs und über die Schändlichkeit der Kinderrekrutierung aufzuklären. Dachte man nicht einst, eine Weltjustiz würde Kriegsverbrechern den politischen Einfluss und vor allem die Aura der Macht nehmen? Stattdessen wurden jetzt beide, Angeklagter und Anklage, entzaubert. Letztendlich ist auch das gut für den Ruf dieses oft als Kolonialjustiz verunglimpften Gerichts.