archiv.kongo-kinshasa.de ist eine Informationssite über die Demokratische Republik Kongo: Neben Seiten über das Land im allgemeinen und ein paar Fotos gibt es auch aktuelle Nachrichten und eine umfangreiche Sammlung von Dokumenten aus unterschiedlichen Quellen.
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Ich bin vor kurzem von einer Reise (16.08.-19.09.09) in die Demokratische Republik Kongo zurückgekommen, wo ich aufgrund meiner auf früherer Tätigkeit im Bereich des Transport-Schiffs- und Hafenwesens basierenden Erfahrung einige ausländische Firmen begleitet und beraten habe. Ich war nicht nur in Kinshasa, sondern auch in Matadi, Boma, Moanda, Banana (Provinz Bas-Congo) und Kisangani (Provinz Orientale). Nach einem langen Aufenthalt in Deutschland habe ich bei meiner Reise in den Kongo in der Tat einen Realitäts- und Kulturschock erlitten.
Einige Indikatoren sprechen für sich: Nach der durch die allgemeinen und Präsidentschaftswahlen von 2005/2006 kurz erzeugten Euphorie sind viele Kongolesen jetzt enttäuscht. Einige "Baustellen" (Verbesserungen) sind zwar zu erkennen, aber sie betreffen nicht die alltäglichen Sorgen der Bevölkerung. Neue Arbeitsplätze sind nicht in Sicht, die Zahl der Arbeitslosen beziffert sich zurzeit auf über 40 %. Die Erweckungskirchen vermehren sich dramatisch, mit der Folge der Verstärkung der Krise zu Ungunsten der traditionell etablierten christlichen Kirchen. Zur Erinnerung: Ca. 95 % der Bevölkerung bekennen sich zum christlichen Glauben. Einige sprechen im Zusammenhang mit der explosionsartigen Entstehung von Erweckungskirchen vom "Opium des Volkes". Das Fehlen eines gut funktionierenden öffentlichen Verkehrsbetriebs stellt ein Geduldspiel für die städtische Bevölkerung dar. Falls es öffentliche Transportmittel gibt, dann sie sind überfüllt und führen wegen schlechter Straßenverhältnisse oft zum Stau. Trinkwasser- und Stromversorgung fehlen in vielen Bezirken (Gemeinden).
Trotz massiver Präsenz viele ausländischer Firmen im Land, vor allem aus der Volksrepublik China, lebt der Hauptteil der Kongolesen, der nach wie vor im informellen Sektor arbeitet, unter ärmlichen Bedingungen, während ein kleiner Teil der Gesellschaft in einem prahlerischen und widersprechenden Luxus lebt. Geld, viel Geld ist im Umlauf. Wo kommt es her, fragen sich viele Beobachter. Aus legalen oder illegalen Quellen? Die Frage bleibt offen, aber festzuhalten ist, dass das Korruptionssystem überall herrscht, mit der Folge, dass die Bevölkerung in der Armut verharrt und sich diejenigen, die der Macht nahe stehen, die Taschen füllen. Dies bestätigt sogar der letzte Jahresbericht der Vereinten Nationen in ihrem aktuellen "Human Development Report 2009", in dem die Demokratische Republik Kongo, trotz vieler und verschiedenartiger Rohstoffe, das ärmste Land der Welt ist. Das jährliche Einkommen pro Einwohner beträgt nur 298 US Dollar (Liechtenstein: 85.382 Dollar, Deutschland: 34.401 Dollar).
Obwohl die kongolesische Regierung in ihrer Art und Weise bemüht ist, das Land "zu regieren", stellt sich für sie immer noch eine große politische Herausforderung. Wegen massiver grausamer Unterdrückung der internen (parlamentarischen und außerparlamentarischen) Opposition ist die politische Arbeit dieser wenig zu erkennen. Dennoch demonstrieren einige politische Gruppen und die Zivilgesellschaft oft gegen die willkürlichen Festnahmen von Journalisten, Menschenrechtsaktivisten und (gegen) die in der letzten Zeit immer wieder festzustellende Ermordung einiger Mitglieder ihrer Organisationen. Jeglicher Äußerung bzw. Kritik gegen die Regierungsarbeit folgt die Repression durch die staatlichen Sicherheitsorgane.
Also, die Fragen der massiven Verletzung der Menschenrechte, der allgemeinen Sicherheit im Ost Kongo sowie in anderen Provinzen, der Demokratie, der Armut der Bevölkerung, der Korruption, des Wiederaufbaus und der Entwicklung bleiben immer noch gestellt (offen).
Dazu ist zu erwähnen, dass die vorgesehenen kommunale und regionale (2010) und die Präsidentschaftswahlen (2011) vor der Tür stehen. Offen bleibt dennoch die Frage, ob sie frei, demokratisch und transparent sein werden. Wenn man den Beobachtern der kongolesischen politischen Szene Vertrauen schenken darf, ist die Chance minimal, dass bei diesen Wahlen eine Partei die absolute Mehrheit erreicht bzw. irgendein Parteiführer als alleiniger Sieger daraus hervorgehen wird.
Werden die nächsten Wahlen demokratisch sein? Werden die jetzigen Regierenden bereit sein, eine eventuelle Niederlage zu akzeptieren? Fragen über Fragen...
Zum besseren Bild der Zukunft zwischen der Hoffnung und dem Hindernis für einen Wiederaufbau im Kongo kann ich nur wiederholen und den Lesern das empfehlen, was ich bereits deutlich in meinem Interview im Buch "Die Kongoverbrechen. Geschichte und Allgegenwart räuberischer Ausbeutungspraxis" von Andreas Kliem¹ (S. 201-208), gesagt habe.
"Meiner Meinung nach würden ein parlamentarisches Regime und ein Bundesland Kongo (nach dem Vorbild Deutschlands) eine gute Struktur im Kongo sein. In solch einem optimalen Rahmen könnten kleine und große Entwicklungsprojekte zum Wohle der Bevölkerung konkretisiert und durchgeführt werden. Ich wiederhole: Die Voraussetzung für den Wiederaufbau im Kongo ist die Änderung der Managementmentalität, "Good Governance", also die Bekämpfung der Korruption und Respekt gegenüber dem demokratischen Recht und Gesetz".
Philippe YANGALA
¹ Andreas Kliem: Die Kongoverbrechen. Geschichte und Allgegenwart räuberischer Ausbeutungspraxis. Ein Nachwort von Hans See. Nomen Verlag, Frankfurt/M., Broschiert Januar 2009 (271 S.), 16,80 EUR* (versand kostenfrei).